Lungenkrebs Strahlentherapie: Ein Mann entspannt in der Hängematte
Lungenkrebs
Therapien

Strahlen­therapie heute: Präzision schmilzt schonend den Krebs

Lungenkrebs Strahlentherapie Experte Dr. Finazzi

Dr. med. Tobias Finazzi
Oberarzt Radioonkologie
Universitätsspital Basel

Die Strahlentherapie hat sich vom negativen Image befreit. Dank hochmodernen Geräten kann heutzutage ein Tumor sehr viel schonender behandelt werden. Fazit: Weniger Sitzungen, weniger Nebenwirkungen, verbesserte Heilungschancen.

Lungenkrebs ist laut Dr. Tobias Finazzi, Oberarzt an der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsspitals Basel, die weltweit häufigste Krebstodesursache und für die Strahlentherapie ein wichtiges Gebiet. Die Behandlung spielt in allen Stadien eine Rolle: vom frühen Stadium, wo als Alternative zur Operation gezielt bestrahlt werden kann, bis zu späteren Stadien mit Ablegern, wo eine palliative Bestrahlung erfolgen kann. Zunehmend wird laut Finazzi in Kombination mit einer Systemtherapie, zum Beispiel einer Chemo- oder Immuntherapie, eine synergistische Wirkung angestrebt. Synergistisch bedeutet, dass eine Kombination mehr erreicht als einzelne Behandlungsschritte für sich allein.

 

Therapiekombinationen sind wirksamer

Die Strahlentherapie ist lokal ausgerichtet. Doch aufgrund des strahlenbedingten Tumorzerfalls werden dem Immunsystem Tumorbestandteile präsentiert. Diese kann das Immunsystem nun besser erkennen und den Tumor somit erfolgreicher bekämpfen. «Das Immunsystem ist sehr wichtig für die Strahlentherapie,» sagt Finazzi. Die Auswertung von vorangegangenen Studien zeigt: Das Zusammenspiel von Bestrahlung und Immuntherapie vermag den Tumor heute noch besser und wirksamer zu attackieren. Die Forschung steht hier gemäss Finazzi noch in einer frühen Phase und es gibt viele Ideen und laufende Studien, um die Therapie voranzubringen und die Erfolge weiter zu verbessern.

Lungenkrebs Strahlentherapie Experte Dr. Finazzi

Studien wie «SAKK 16/18» sollen die Therapie weiterbringen

«Im Stadium drei des Lungenkrebses – wenn bereits Lymphknoten im Brustraum befallen sind – ist grundsätzlich immer noch eine Heilung möglich. Allerdings erleiden viele Betroffene einen Rückfall,» so Finazzi. Dies ist nun Anlass für eine Studie zusammen mit der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung, SAKK. In der Studie werden Patient*innen mit einer Kombination von Chemo- und Immuntherapie vorbehandelt, anschliessend operiert und mit einer Immuntherapie während einem Jahr weiterbehandelt. Neu kommt zur Immuntherapie vor der Operation noch eine lokale Strahlentherapie hinzu. Diese Bestrahlung erfolgt sehr schonend, wodurch die übrigen Körperpartien möglichst ausgespart werden. «Damit sollen das Rückfallrisiko nochmals gesenkt und die Heilungschancen verbessert werden,» so Finazzi. Wenn in diesem Stadium nicht mehr operiert werden kann, dann erhalten Patienten eine Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie, gefolgt von einer einjährigen Immuntherapie. Die Behandlung erfolgt in Anlehnung an die erfolgreiche, internationale PACIFIC-Studie, und auch hier ist das Ziel die Heilung.

 

Bestrahlung: Immer präziser, immer schonender

Im Vergleich zu früher hat sich die Strahlentherapie dank der modernen Geräte – sogenannten Linearbeschleunigern – stark gewandelt und in Bezug auf Nebenwirkungen verbessert. So kann heute präziser bestrahlt werden und die Strahlendosis fällt dadurch insgesamt geringer aus. In einer geringeren Anzahl von Sitzungen werden gezielt höhere Dosierungen eingesetzt, doch dank hoher Präzision sinkt am Ende die Strahlenbelastung des Körpers. Gleichzeitig wird das umgebende Gewebe geschont.

Im Vergleich zu früher hat sich die Strahlentherapie dank der modernen Geräte – sogenannten Linearbeschleunigern – stark gewandelt und in Bezug auf Nebenwirkungen verbessert. So kann heute präziser bestrahlt werden und die Strahlendosis fällt dadurch insgesamt geringer aus.

Dr. Finazzi

Krebstherapie: Eine umfangreiche Teamleistung

Ganz verschwinden die Nebenwirkungen nicht. Darum ist für Finazzi die Aufklärung, sowie die Betreuung durch ein multidisziplinäres Team, wichtig. Gemeint sind damit mehrere Fachpersonen aus verschiedenen Gebieten. Zusammen können sie Lungenkrebspatienten in allen Krankheitsstadien optimal betreuen. Es ist heute klar, dass die Patient*innen immer mitentscheiden.

 

Rückfälle: Bestrahlung kann weiteren Krankheitsverlauf verzögern

Bei der Immuntherapie können Rückfälle, beziehungsweise Ableger (Metastasen), auftreten. Hier ist es für Finazzi wichtig, dass eine gezielte Strahlentherapie der Ableger diskutiert wird. Dadurch soll die Krankheitsdynamik verändert werden. «Fitte Patient*innen mit wenigen Metastasen können aggressiver bestrahlt werden,» so Finazzi «mit dem Ziel, dass der Krebs langfristig unter Kontrolle bleibt.». Dies erlaubt auch, die Immuntherapie weiterzuführen, um vorerst auf eine Chemotherapie zu verzichten.

 

Unerlässlich: gute Kommunikation

«Wir sind froh, wenn uns die Patient*innen zur Therapie und den Nebenwirkungen Fragen stellen, denn dies stärkt das Vertrauen in die Behandlung und kann Vorurteile und Ängste abfangen», sagt Finazzi. Die Kommunikation ist ein grosses Bedürfnis für alle Beteiligten und das Informationsbedürfnis wird immer wieder auch an Besuchstagen bestätigt. «Es ist wichtig, dass die Patient*innen gut informiert sind und auch offen ihre Meinungen, Wünsche und Sorgen äussern,» so Finazzi.

Journalist: Thomas Ferber
Datum: 26.09.2022