Brustkrebs Kinderwunsch - Cinzia und Familie
Brustkrebs
Erfahrungsbericht

Wie Cinzias Kinder­wunsch trotz Brust­krebs in Er­füllung ging

Dass Cinzia und ihr Partner irgendwann eine Familie gründen wollten, wussten sie schon immer. Doch dann erhält sie mit 29 Jahren die Diagnose Brustkrebs und plötzlich ist alles anders. Bis sie erfährt, dass es doch noch Hoffnung gibt, den Kinderwunsch zu erfüllen.

Kann ich überhaupt noch Kinder bekommen? Darf ich mein Kind stillen? Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Schwangerschaft? Solche Fragen beschäftigen viele junge Frauen mit der Diagnose Brustkrebs, die einen Kinderwunsch hegen. Denn rund 20 Prozent der Betroffenen sind bei der Diagnose unter 42 Jahre alt. So auch Cinzia, die mit 29 Jahren Brustkrebs diagnostiziert bekam.

 

Die erste grosse Entscheidung vor der OP

«Auf einer Bergtour zusammen mit meinem Partner spürte ich erstmals einen Knoten in der Brust, dachte danach aber nicht mehr daran. Ein paar Monate später drückte die Stelle wieder und der Knoten kam mir wieder in den Sinn. Danach ging ich gleich zum Arzt», erzählt Cinzia. Eine Biopsie ergab, dass sie einen Tumor in der Brust hatte, der operativ entfernt werden musste. «Das Ärzteteam empfahl mir eine brustaufbauende OP, bei der beide Brüste ausgehöhlt und danach wieder aufgebaut werden. Ich entschied mich jedoch für eine einseitige OP. Denn ich wollte mir die Chance bewahren, stillen zu können, sollte ich einmal Kinder haben.»

 

Rückschläge und Hoffnung

Weil der Krebs bereits metastasiert hatte, wollte Cinzias Onkologe möglichst bald mit der Chemotherapie beginnen. Cinzia und ihr Partner hatten davor aber dringende Fragen zu klären. Sie wollten wissen, wie sich die Therapie mit ihrem Kinderwunsch vereinbaren liess. Ihr Onkologe machte den beiden wenig Hoffnung. Da eine Chemotherapie alle rasch wachsenden Zellen im Körper blockiert, können auch Eizellen zerstört werden und die Fruchtbarkeit kann abnehmen.

Cinzia und ihr Partner liessen sich deshalb erst einmal in einem Kinderwunschzentrum beraten: «Dort wurde uns eine Therapie angeboten und wir konnten meine befruchteten Eizellen einfrieren. Das war ein grosser Hoffnungsschimmer.» Das Einfrieren ihrer Eizellen gab Cinzia auch neue Energie für die bevorstehenden Chemotherapie: «Während zehn Monaten unterzog ich mich zwei Operationen, sechzehn Chemozyklen und etwa dreissig Strahlentherapien.» Die Therapien waren erfolgreich – der Krebs konnte aus ihrem Körper entfernt werden. Um das Rückfallrisiko zu mindern, folgte eine Antihormontherapie. Bei jungen Frauen verursacht sie häufig Wechseljahrbeschwerden. Auch Cinzia litt unter diesen Nebenwirkungen. Sie hatte starke Wallungen, Schlafstörungen und fühlte sich lustlos.

«Man darf und soll eigensinnig sein und für seine eigenen Bedürfnisse einstehen.»

Cinzia

Vielversprechende Brustkrebsstudie

Zur gleichen Zeit wurde in der Schweiz eine Studie mit dem Namen «Positive» durchgeführt. Die Studie untersuchte, ob die Antihormontherapie zur Verwirklichung eines Kinderwunschs ohne Rückfallrisiko unterbrochen werden kann. Cinzia wurde durch die Brustkrebsorganisation EUROPA DONNA Schweiz auf «Positive» aufmerksam und kontaktierte daraufhin die Onkologin der Studie, die sie als Patientin aufnahm. Im Rahmen der Studie konnte Cinzia die Antihormontherapie nach anderthalb Jahren unterbrechen. «Die grösste Freude war es, als nach vier Monaten meine Menstruation wieder einsetzte», berichtet Cinzia. Antihormontherapien unterdrücken die Hormone, schädigen aber nicht die Eizellen. Darum ist eine Schwangerschaft nach abgeschlossener Therapie, sobald die Menstruation wieder einsetzt, meistens wieder möglich.

Cinzia und ihr Partner mussten nicht lange warten: «Wir waren gerade aus den Flitterwochen zurück, als ich bemerkte, dass ich schwanger war.» Sie konnte eine völlig normale Schwangerschaft und Geburt erleben und ihr Sohn Luc kam kerngesund auf die Welt. «Ich konnte mein Glück nicht fassen, einen völlig gesunden Jungen zu haben», sagt Cinzia. Doch damit nicht genug, knapp zwei Jahre nach der Geburt von Luc kam sein Brüderlein Noé zur Welt.

Brustkrebs Kinderwunsch Cinzia

Cinzia und Söhnchen Luc

«Die Entscheidung, nur eine Brust zu entfernen, stellte sich als eine meiner besten Entscheidungen heraus», weiss Cinzia heute. Stillen ist ein grosses Thema für Brustkrebsbetroffene mit Kinderwunsch. In der Regel haben die Therapien keinen Einfluss auf die Milchproduktion. Das Stillen ist normal möglich – vorausgesetzt, dass die Brustdrüsen noch vorhanden sind. Weil sich Cinzia dafür eingesetzt hat, nur eine Brust zu operieren, konnte sie später ihre beiden Kinder stillen: «Mein erstes Kind habe ich voll gestillt und auch meinen zweiten Sohn stille ich problemlos mit einer Brust. Das einzige Unangenehme ist die Asymmetrie. Aber das war es mir wert.»

Inmitten ihres Kinderglücks wurde Cinzia klar, dass sie die Antihormontherapie nicht wieder aufnehmen wollte. In Absprache mit ihrer Onkologin stellte sie die Therapie definitiv ein. Dieser Entscheid bedeutet aber auch, dass Cinzia selbst viel beitragen muss, um gesund zu bleiben. «Ich habe meine Ernährung umgestellt und pflege nun einen gesünderen, entschleunigten Lebensstil», so Cinzia. Die Positive-Studie ist mittlerweile abgeschlossen und zeigt ermutigende Resultate. Sie belegt, dass die antihormonelle Therapie für gewisse Zeit unterbrochen werden kann, wenn die Patientin schwanger werden möchte, ohne dass das Risiko für einen Krebsrückfall höher ist.

Cinzias Rat an andere Betroffene: «Man darf und soll eigensinnig sein und für die eigenen Bedürfnisse einstehen. Nur deshalb führe ich heute das Leben, dass ich mir gewünscht hatte.»

Podcast Staffel "Frauen"

Cinzias Geschichte und Erfahrungen und Ratschläge von weiteren Frauen kannst du auch in unserem Podcast nachhören. 

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Journalistin: Catherina Bernaschina
Datum: 16.10.2023