Frau beim Wandern
Blutkrebs
Erfahrungsbericht

«CLL- die Dia­gnose musste ein Irr­tum sein»

Margrit fühlt sich topfit und kerngesund als sie die Diagnose chronisch lymphatische Leukämie bekommt. Einen Platz möchte sie der Krankheit in ihrem Leben nicht geben, vielmehr jeden Tag geniessen so wie er kommt.

Margrit  erzählt

«Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film, als ich die Diagnose CLL bekommen habe. Ich und krank? Das konnte doch nicht sein», sagt Margrit. Die Ungläubigkeit über ihre Diagnose ist ihr auch heute noch, gut vier Jahre später, anzuhören. Voller Energie und Tatendrang ist die damals 77-Jährige, geht jeden Tag eine Stunde schwimmen, ist begeisterte Hobby-Gärtnerin und schmeisst den Haushalt. «Eines Tages meinte mein Mann zu mir: ‹was hast du da Komisches am Hals›», erinnert sie sich. Und tatsächlich waren ihre beiden Halsseiten geschwollen. Margrit sagt, es habe ausgesehen wie zwei Wienerli – es waren die Lymphknoten, die auf eine beträchtliche Grösse angeschwollen waren. Ihr Hausarzt überwies sie weiter zum Röntgen, von da aus wurde Margrit direkt ins Spital zu weiteren Abklärungen geschickt.

«Meine Ärztin meinte, dass es nicht eilt mit einer Therapie und, dass wir erst einmal abwarten. Watch and wait.» 

Margrit

«Ich habe mich kerngesund gefühlt»

Kurz darauf die Diagnose: chronisch lymphatische Leukämie. «Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Ich habe mich kerngesund gefühlt und konnte nicht glauben, dass ich eine so schwere Krankheit in mir habe», erzählt Margrit und ergänzt: «einen Schock hatte ich keinen, viel stärker war das Gefühl der Ungläubigkeit». Bei ihren behandelnden Ärzt*innen habe sie sich rundum gut aufgehoben gefühlt, ihr wurde alles verständlich erklärt und sie konnte sich voller Vertrauen in deren Hände begeben: «Meine Ärztin meinte, dass es nicht eilt mit einer Therapie und, dass wir erst einmal abwarten. Watch and wait.» Alle zwei Wochen musste die Rentnerin zur Kontrolle, bereits zwei Monate nach der Diagnose zeigte das Blutbild eine so drastische Verschlechterung, dass mit einer Behandlung gestartet werden musste. «Symptome hatte ich auch zu diesem Zeitpunkt keine, bis auf die geschwollenen Lymphknoten», betont Margrit. Als die Ärztin Margrit nun über die Teilnahme an einer CLL-Medikamentenstudie aufklärte, wurde ihr zu ersten Mal bewusst, dass es ernst ist.

CLL - nicht Margrits erste Krebsdiagnose

Zugleich verliess sie sich ganz auf die Empfehlung ihrer Ärztin und startete kurz darauf mit der Therapie. Was sie in dieser Zeit als besonders belastend empfunden habe? Es waren nicht ihre eigenen ‘Wehwechen’, sondern vielmehr das Leid anderer, teils junger Leukämie Patienten zu sehen. «Es macht doch einen riesen Unterschied, ob ich als bald 80-Jährige eine solche Diagnose bekomme, oder ein junger Mensch, der sein ganzes Leben vor sich hat». Deswegen sei sie auch relativ gelassen und pragmatisch mit der ganzen Situation umgegangen. Zugleich hatte sie vor über 20 Jahren schon einmal erlebt, was eine Krebsdiagnose, damals im Unterleib, bedeutet. Damals musste sie sich einer Operation und anschliessender Chemotherapie unterziehen. Die CLL Therapie sei dagegen kein Vergleich gewesen, was die Nebenwirkungen betrifft: «Mir ging es mit den Medikamenten recht gut, bis auf eine ausgeprägte Schlappheit. An manchen Tagen habe ich mich richtig alt gefühlt», lacht Margrit.

«Ich mache mir keine Gedanken, was morgen sein könnte»

Margrit

Und trotz ihrer Positivität und ihrem steten Optimismus, gab es für Margrit auch immer wieder Tage, an denen sie alles hinschmeissen und mit der Behandlung aufhören wollte. «Es ist schon eine emotionale Belastung, eine Berg- und Talfahrt. Auch die ständigen Kontrollen und Untersuchungen», erinnert sie sich. Rückblickend sei sie aber froh, dass sie durchgehalten habe. Hat sie Angst vor einem Rückfall? «Nein. Heute geht es mir sehr gut. Was soll ich mir da Gedanken machen, was morgen ist?»

Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 26.09.2022