Eierstockkrebs Erfahrungsbericht: Maja an ihrem Hochzeitstag
Gyn. Krebs
Erfahrungsbericht

Hochzeits­glocken und Krebs­diagnose

Wie heimtückisch und mysteriös eine Krebserkrankung sein kann, zeigt die Geschichte von Maja. Die 38-jährige hat Krebs – wo genau dessen Ursprungsort ist, bleibt eine Vermutung.

«Das Gefühl als meine Gynäkologin den Satz: ‹Es ist tatsächlich Krebs, es tut mir leid› sagte, kann ich kaum beschreiben. Es zieht einem wortwörtlich den Boden unter den Füssen weg. Es wird kalt, es wird heiss. Ich war sprachlos...was nicht oft vorkommt.»

So beginnt Majas Blog. Ihre unglaubliche Geschichte, die sie verarbeitet, indem sie schreibt. «Meine ganze Geschichte ist so crazy, dass ich ein Ventil finden musste, um sie irgendwie zu begreifen und zu verarbeiten», sagt Maja. 2016 hat Maja einen auffälligen PAP Abstrich. Sie wird operiert, die Krebszellen werden entfernt und alles scheint gut. Die regelmässigen Untersuchungen und Abstriche bei der Gynäkologin sind unauffällig. Maja wird ein zweites Mal Mutter: «Ich war überglücklich über meinen kleinen Sohn, zugleich war ich unglaublich erschöpft. Ich bin bei jeder Gelegenheit eingeschlafen». An sich nichts Ungewöhnliches für eine zweifache Mutter und doch merkt Maja, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ihr Bauch fühlte sich komisch an, die Verdauung funktionierte nicht richtig und der Verdacht einer Nahrungsmittelunverträglichkeit liegt nahe. Sie probiert alles aus – verzichtet auf Milchprodukte und Zucker, macht spezielle Diäten, ohne Erfolg. Die Untersuchungen bei der Gynäkologin sind unauffällig, die Blutwerte normal. Nur Maja geht es immer schlechter. «Ich musste irgendwie funktionieren, bin aber kaum aus dem Bett gekommen. Es war ein schrecklicher Zustand», erinnert sich die gelernte Kleinkinderzieherin. Sie bekommt einen Termin beim Darmspezialisten, dieser diagnostiziert ein Reizdarmsyndrom und macht zur Sicherheit einen Ultraschall.

«Meine ganze Geschichte ist socrazy, dass ich ein Ventil finden musste, um sie irgendwie zu begreifen und zu verarbeiten.»

Maja

«Der Gesichtsausdruck des Arztes sprach Bände»

Den Gesichtsausdruck des Arztes wird Maja nie vergessen: «Er sagte nichts, aber ich wusste, dass etwas ganz und gar nicht stimmte». Entdeckt werden mehrere grosse Knoten in Majas Bauch und Becken. Die Aussage des Arztes zieht ihr den Boden unter den Füssen weg: «Es sieht verdächtig nach Eierstockkrebs aus!» Krebs? Damit hatte Maja im Leben nicht gerechnet. «Ich bin innerlich erstarrt, es war ein absoluter Schock», erinnert sie sich. Bereits am nächsten Tag wird ein CT im Spital gemacht, das Warten auf die Resultate ist zermürbend. Dann der Anruf des Arztes: «Leider hat sich der Verdacht bestätigt» – Fall ins Bodenlose, Verzweiflung, Ohnmacht, Schock, eine Achterbahnfahrt der Emotionen. «Zum Glück war mein Mann bei mir. Er nahm mich in den Arm und meinte: solange wir nichts schwarz auf weiss haben, machen wir uns nicht verrückt.»

 

Zeit des Hoffens und Bangens

Wieder hiess es also erneute Untersuchungen und abwarten. Es war kurz vor Ostern 2022, Freunde und Verwandte freuten sich auf den Osterbrunch bei Maja. Bis auf ihre Eltern wussten sie nichts vom Krebsverdacht. «Ich habe den Brunch trotz allem durchgezogen, die Ablenkung tat gut. Auch wenn ich keinen Bissen runter bekommen habe», so Maja. Am Karsamstag dann die Untersuchung bei mehreren Gynäkologen im Spital. Es wird ein Ultraschall von Majas Bauchraum gemacht, aber nichts Auffälliges festgestellt. Eierstockkrebs wird nun ausgeschlossen. «Ich schöpfte Hoffnung, dass es doch nicht so schlimm ist und sich die Ärzte geirrt haben», so Maja. Woher aber kommen die Knoten in Majas Bauch? Die Suche geht weiter und ein neuer Verdacht wird geschürt – ist es eine entzündliche Erkrankung der Lymphknoten oder ein Lymphom? Wieder wartet auf Maja eine Zeit der Ungewissheit. Ein PET CT, eine Bauchspiegelung und die Entfernung der vergrösserten Lymphknoten soll nun Klarheit schaffen.

Eierstockkrebs Erfahrungsbericht Maja

Maja an ihrem Hochzeitstag

Freitag der 13. – Tag der Diagnose

Maja ist voller Zuversicht und Hoffnung, als sie am Freitag, den 13. Mai das Behandlungszimmer ihrer Gynäkologin betritt. Ihren Mann hat sie ins Polter-Wochenende verabschiedet, schliesslich soll ein paar Monate später die langersehnte Hochzeit stattfinden. Die Worte der Gynäkologin haben sich in Majas Gehirn eingebrannt: Es ist tatsächlich Krebs, es tut mir leid. «Ich kann nicht beschreiben wie ich mich gefühlt habe. Es wurde mir kalt, heiss, Gänsehaut, Angst. Was soll ich jetzt tun? Was passiert mit meinen Kindern? Werde ich sterben? Meine Güte, ich heirate in 4 Monaten!», erinnert sich Maja. Das Mysteriöse –die Ärzte wissen nicht genau, wo sich der Ursprung des Tumors befindet. Fest steht: Sie muss operiert werden. Gebärmutter, Eierstöcke und Lymphknoten werden entfernt – dann die Diagnose: Gebärmutterhalskrebs mit Metastasen in den Lymphknoten ohne Primärtumor. Vermutet wird ein Plattenepithelkarzinom am ehesten von der Zervix. Und das trotz unauffälligem PAP Abstrich! «Mir schoss natürlich sofort die Frage durch den Kopf, ob damals, vor über 6 Jahren, möglicherweise nicht alle Krebszellen entfernt wurde», sagt Maja. Gleichzeitig betont sie auch, dass es nichts bringt, sich darüber den Kopf zu zerbrechen – es ist wie es ist. Pech.

Anschliessend an die Operation folgen eine Chemotherapie und Bestrahlung. Sicherheit geben Maja in dieser Zeit die Ärzt*innen: sie erklären ihr alles genau, machen Mut und sorgen für Klarheit. In Maja wird der Kampfgeist geweckt, für sie gibt es nur noch zwei Ziele: gesund werden und heiraten.

 

Zum Ende der Chemotherapie läuten die Hochzeitsglocken

Schon kurz nach der Operation fühlt sich Maja erleichtert, die Energie kommt zurück, die bleierne Erschöpfung ist weg. «Es war ein völlig neues Lebensgefühl; erst jetzt wurde mir bewusst, wie schlecht es mir die letzten zwei Jahre ging», so Maja. Der Gedanke an ihre bevorstehende Hochzeit gibt ihr Kraft und Motivation, die Chemotherapie und Bestrahlung durchzustehen. Denn diese fordert ihr nochmals alles ab und bringt sie körperlich an ihre Grenzen. Pünktlich zum Abschluss ihrer Therapien läuten dann tatsächlich die Hochzeitsglocken und eine überglückliche Maja steht vor dem Traualtar: «Der Kontrast zu allem, was ich in der Zeit vor der Hochzeit erlebt habe, hätte nicht grösser sein können. Es war Glück und Dankbarkeit pur.»

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Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 15.08.2024