Gezielte Therapie dank Gentests
Genetische Tests können beim Eierstockkrebs wichtige Zusatzinformationen für eine personalisierte Therapie geben. Es sind auch Tumormutationen bekannt, die vererbt werden können (z.B. die BRCA Gene), so dass auch Geschwister oder Kinder diese genetischen Veränderungen tragen können.
Dr. Martin Zoche vom Universitätsspital Zürich spricht über das richtige Vorgehen.
Dr. Zoche, Welche Rolle spielen Mutationen beim Krebs?
Dr. Zoche: Mutationen führen zu einem unkontrollierten Wachstum und sind daher die eigentliche Ursache für die Entstehung von Krebs. Mutationen können im Gewebe von Organen oder umliegenden Geweben und Blutzellen entstehen - sogenannte somatische Mutationen. Grösstenteils handelt es sich dabei um spontane Prozesse, die bei jeder Zellteilung auftreten. Reparaturmechanismen in der Zelle korrigieren diese Mutationen Wird nun diese Mutation nicht korrigiert, und ist diese Mutation in einem genomischen Bereich gesetzt, der für das Zellwachstum verantwortlich ist, so fängt die Zelle unkontrolliert an zu wachsen. Eine Tumorzelle ist entstanden. Mutationen können sowohl bei der spontanen Zellteilung entstehen, als auch durch die Lebensweise wie z.B. das Rauchen (z.B. Lungenkrebs) oder der vermehrten Einstrahlung von UV-Licht (z.B. Hautkrebs).
Neben den spontanen Mutationen im Körper können bestimmte Mutationen auch vererbt werden, sogenannte Keimbahnmutationen. Mutationen in den Brustkrebsgenen (BRCA1 und BRCA2, (BReast CAncer Gen) sind am bekanntesten und wissenschaftlich am besten untersucht. Gesunde Frauen mit einer solchen Mutation haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, im Laufe ihres Lebens an Brust-oder Eierstockkrebs zu erkranken. Beim Mann können diese Mutationen die Wahrscheinlichkeit einer Prostata-und Pankreaskarzinomerkrankung erhöhen. Neben den BRCA-Genen kennen wir eine Reihe weiterer Gene, die für den Reparaturmechanismus bei der DNA-Synthese wichtig sind. Ist eines dieser Gene nicht mehr voll funktionsfähig, so sprechen wir von einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD).
Mutationen führen zu einem unkontrollierten Wachstum und sind daher die eigentliche Ursache für die Entstehung von Krebs.
Diese Mutationen können mittels Gentests nachgewiesen werden. Was sind BRCA & HRD Gentests und wie funktionieren sie?
Dr. Zoche: Bei den BRCA & HRD Tests wird DNA der Patientin sequenziert die aus dem Tumorgewebe extrahiert wird. Nach der Sequenzierung wird eine Auswertung vorgenommen, um nicht relevante Mutationen von den verursachenden Mutationen zu unterscheiden. Nach zwei Wochen erhält der behandelnde Onkologe einen mehrseitigen Bericht mit den Ergebnissen.
Weshalb sollte ich als Patientin einen BRCA & HRD Test machen lassen?
Dr. Zoche: Wird eine BRCA-oder HRD Mutation bei einer Tumorpatientin nachgewiesen, so kann der behandelnde Onkologe bestimmte Medikamente (PARP-Inhibitoren) für eine Therapie in Erwägung ziehen. PARP-Inhibitoren sind eine relativ neue Medikamentenklasse, deren Einsatz in vielen klinischen Studien einen Vorteil für die Patientin gezeigt haben. Zusätzlich wird der behandelnde Onkologe mit der Patientin besprechen, ob möglicherweise eine vererbbare Mutation (Keimbahnmutation) vorliegt und eine humangenetische Beratung in Erwägung gezogen werden sollte. Die Humangenetikerin wird dann mit dem Patienten besprechen, ob es sinnvoll ist, weitere Familienangehörige (Geschwister, Kinder) zu informieren und diese möglicherweise auf eine vererbbare Mutation zu testen.
Die molekulare Diagnostik ermöglicht es, über die klassische Chemotherapie hinaus, neuere Krebsmedikamente gezielt bei bestimmten Mutationen des Tumors einzusetzen, sogenannte personalisierte Therapien.
Werden die Tests von der Krankenkasse übernommen?
Dr. Zoche: Genetische Tests im Rahmen einer Tumorerkrankung werden von den Schweizer Krankenkassen in der Regel bezahlt. Im Zweifelsfall sollte die Patientin dieses vorab mit seiner/ihrer Krankenkasse abklären.
Sprechen wir nochmals über bereits erkrankte Patientinnen. In welcher Phase der Erkrankung machen die Tests Sinn?
Dr. Zoche: Der Onkologe entscheidet zusammen mit dem Pathologen, wann es sinnvoll ist, eine genetische Untersuchung zu machen. Generell gilt, wenn eine Therapie mit Krebsmedikamenten in Erwägung gezogen wird, dass vorab eine molekulare Diagnostik gemacht wird. So bekommt der behandelnde Arzt einen Überblick über alle genetischen Veränderungen, und kann bei Vorliegen bestimmter Mutationen eine personalisierte Therapie für die Tumorpatientin beginnen.
Welche Vorteile hat die Patientin mit einem molekularen Tumortest?
Dr. Zoche: Die molekulare Diagnostik ermöglicht es, über die klassische Chemotherapie hinaus, neuere Krebsmedikamente gezielt bei bestimmten Mutationen des Tumors einzusetzen, sogenannte personalisierte Therapien. Diese Therapien haben häufig ein günstigeres Nebenwirkungsspektrum als die klassische Chemotherapie. Daraus ergeben sich für die Tumorpatientin Behandlungsoptionen, die noch vor wenigen Jahren nicht zur Verfügung gestanden haben. Wenn der Bericht eines molekularen Tumorprofils vorliegt, muss letztlich der Onkologe zusammen mit der Patientin entscheiden, welche Therapie individuell in der derzeitigen Lebenssituation die Beste ist.
Glossar
DNA
Die DNA ist die Trägerin der Erbinformationen. Die Gesamtheit der Erbinformationen einer Zelle bezeichnet man als Genom oder Erbgut.
Gen
Ein Gen beschreibt einen Abschnitt auf der DNA.
Sequenzierung
Die DNA-Sequenzierung ist ein Analyseverfahren, mit dem die Gene von Organismen entschlüsselt werden.
BRCA
BRCA 1 und 2 steht für BReast Cancer Gen 1 und 2 und bezeichnet zwei Reparaturgene von Zellen.
HRD
HRD steht für homologe Rekombinationsdefizienz. Sie tritt auf, wenn ein Gen des DNA-Reparaturmechanismus nicht mehr voll funktionsfähig ist.
Datum: 26.09.2022
GSK ist ein weltweit forschendes Gesundheitsunternehmen mit dem Anspruch, die Lebensqualität von Menschen zu verbessern. Unsere Arbeit in der Onkologie konzentriert sich darauf, die Überlebenschancen von Patient*innen durch innovative Medikamente zu erhöhen. Wir setzen uns für Menschen mit Krebs ein.