Lungenkrebs
Therapien

Innovative Opera­tions­methoden bei Lungen­krebs

Experte für Lungenkrebs und Operation bei Lungenkrebs Prof. Schöb

Prof. Dr. med. Othmar Schöb
Facharzt für Chirurgie, spez. Thorax- & Viszeralchirurgie
Chirurgisches Zentrum Zürich
Chairman Lungenkrebszentrum Klinik Hirslanden Zürich

Für Lungenkrebsbetroffene besteht besonders dann Hoffnung, wenn der Krebs in einem frühen Stadium erkannt wird. In solchen Fällen kann der Tumor mithilfe innovativer Operationsmethoden entfernt werden.

Prof.  Schöb  erklärt

Prof. Schöb, wie werden Lungenkrebs-Patient*innen mit fortgeschrittenem Tumorstadium behandelt?

Prof. Dr. med. Othmar Schöb: In drei von vier Fällen ist die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten, sodass eine Operation vorerst oder auch später, nicht möglich ist. Primär operabel sind in der Regel die Krankheitsstadien I und II. Bei höheren Stadien ist eine medikamentöse Vorbehandlung erforderlich. Im besten Fall wird damit der Tumor zurückgedrängt und anschliessend können die Tumorreste entfernt werden. In weit fortgeschrittenen Stadien kommt in der Regel eine Immuno-Chemotherapie allein oder in Kombination mit einer Strahlentherapie zur Anwendung.

 

Welche chirurgischen Techniken werden bei Lungenkrebs bevorzugt?

Schöb: In erster Linie setzen wir auf innovative videotechnische Operationsmethoden. Sie sind in allen vorhin genannten Frühstadien des Lungenkrebses die Operationstechnik der Wahl. Meist setzen wir dafür das Da-Vinci Operationssystem ein, weil damit minimal-invasiv über kleine Schnitte im Brustkorb nur gerade der befallene Abschnitt der Lungen präpariert und entfernt werden kann.

Lungenkrebsbetroffene können auf eine Operation hoffen

Wie können die Betroffenen von den Innovationen profitieren?

Schöb: Mit diesem Operationsroboter können wir während des Eingriffes das umliegende, nicht befallene Gewebe schonen. Gleichzeitig ist es auch möglich, das befallene Gewebe selbst sehr sorgfältig freizulegen und zu entfernen. Zudem erholen sich die Patient*innen viel schneller vom Eingriff mit dieser Methode und dürfen früher wieder nach Hause. Sind lebenswichtige Strukturen mitbefallen, wie beispielsweise Blutgefässe, die direkt mit dem Herz verbunden sind, dann wird die Operation am offenen Brustkorb durchgeführt. Dies erlaubt komplexere Eingriffe mit der Entfernung des Tumors einerseits und der Rekonstruktion von lebenswichtigen Strukturen andererseits. Zum Beispiel verbinden wir ein gesundes ferneres Lungensegment mit dem noch intakten, Atemluft führenden Bronchialbaum und den Blutgefässen nahe am Herzen, nachdem das tumorbefallene Segment dazwischen mit Luftwegen und Blutgefässen entfernt wurde.

«In den frühen Stadien, wenn noch keine Ableger vorhanden sind, hat eine Operation die besten Aussichten auf ein langes Überleben oder gar eine vollständige Heilung.»

Prof. Schöb

Was sind die Risiken oder Komplikationen der innovativen Operationsmethoden?

Schöb: Voraussetzung für die videotechnischen, minimal-invasiven Operationen sind eine gute Herz- und Lungenfunktion. Sind diese Bedingungen erfüllt, dann sind die Risiken überschaubar und eher kleiner als bei einer Operation am offenen Brustkorb. Ein kleines Restrisiko bleibt immer bestehen, auch bedingt durch die Anästhesie. Bekannte, jedoch gut behandelbare Nebenwirkungen sind beispielsweise Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge, Infektionen oder Lecks im Lungengewebe. Bei einer vorbestehenden Lungenerkrankung wie COPD oder Lungenemphysem kann der Heilungsprozess länger dauern. Im Regel-Fall geht es nach fünf Tagen Spitalaufenthalt aber bereits wieder nach Hause.

 

Welche Rolle spielt die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Behandlung von Lungenkrebs?

Schöb: Wir führen diese Eingriffe häufig durch und verfügen daher über grosse Erfahrung. Wichtig ist auch, dass die Herzchirurgie in unserer Klinik integriert ist. Dadurch können wir eng mit den Herzchirurgen zusammenarbeiten, wenn Herzstrukturen betroffen sind. Zudem profitieren wir von der Erfahrung der Anästhesie, die unsere Operationsmethoden gut kennt und unsere Eingriffe routiniert und professionell unterstützt. Dies verkürzt die Narkosezeiten und schont die Patient*innen zusätzlich. Vor Behandlungsbeginn wird jeder Krankheitsfall immer im Tumorboard besprochen. In diesem Gremium sind alle Fachdisziplinen vertreten, die mit ihrer Fachmeinung zur Behandlung beitragen. Dann wird – das Einverständnis der Patientent*innen vorausgesetzt – festgelegt, welche Behandlung erfolgen soll: Operation, medikamentöse Vorbehandlung, nur Chemo-Immunotherapie und oder Radiotherapie usw. Nach jedem Behandlungsschritt erfolgen Krankheitskontrollen und das weitere Vorgehen wird erneut im Gremium besprochen.

Lungenkrebsbetroffene werden operiert, wenn der Krebs für erkannt wird

Wie ist die Prognose nach der Operation?

Schöb: In den frühen Stadien, wenn noch keine Ableger vorhanden sind, hat eine Operation die besten Aussichten auf ein langes Überleben oder gar eine vollständige Heilung. Doch auch bei neueren Behandlungsarten, wie beispielsweise der Immuntherapie, werden mittlerweile erstaunliche Erfolge beobachtet, selbst in fortgeschrittenen Tumorstadien. Dies sind Entwicklungen, die vor zehn Jahren nicht vorauszusehen waren. Der wichtigste Punkt für eine gute Prognose ist die frühe Entdeckung des Tumors. So sollten gemäss unseren Empfehlungen Personen über 50 Jahre, die 20 Jahre oder länger geraucht haben, sowie Personen, die Asbest ausgesetzt waren, ein Low-Dose-CT machen. Wer die genannten Risiken hat, sollte sich für eine gezielte Früherkennung beim nationalen Programm zur Früherkennung von Lungenkrebs (lungendiagnostik.ch) oder beim Hausarzt melden.

Thomas Ferber
Datum: 08.10.2024