Frau in den Bergen atmet durch
Lungenkrebs
Therapien

Lungentumore minimalinvasiv operieren

Anjas Hojski

Dr. Aljaz Hojski
Oberarzt Klinik für Thoraxchirurgie
Universitätsspital Basel

Bei kleinen Lungentumoren ist mit der minimalinvasiven Chirurgie oft eine Heilung möglich. Diese Eingriffe erlauben kurze Spitalaufenthalte und eine schnelle Rehabilitation sowie Rückkehr in den Alltag.

Im  Gespräch  mit  Dr.  Hojski

Bei welchen Patient*innen mit Lungenkrebs wird eine Operation durchgeführt?

Dr. Aljaz Hojski: Ein Lungentumor kann operiert werden, wenn der Tumor auf die Lungen begrenzt ist und keine Metastasen ausserhalb des Brustkorbs gebildet hat. Mit der Operation soll der ganze Tumor entfernt werden. Es gibt verschiedene Ausnahmen, wie zum Beispiel, wenn der Tumor gross ist oder bereits Ableger ausserhalb der Lungen gebildet hat. Diese Tumoren können in gewissen Fällen nach einer operativen Reduktion des Tumors noch mit anderen medizinischen Massnahmen (zum Beispiel Chemo-, Strahlen-, Immuntherapie) weiter behandelt werden. Die Operation verbessert in diesen Fällen die Überlebenschancen.

Wird eine Operation auch zur Diagnosestellung durchgeführt?

Hojski: Ja, der Eingriff kann auch als sogenannter «Schnellschnitt» dem Erhalt einer Diagnose dienen. In solchen Fällen wird das Gewebe vom Pathologen noch während der Operation untersucht. Dies bestimmt, je nach Ergebnis, das weitere Vorgehen. In 80 % der Fälle handelt es sich um kleine, begrenzte Tumoren ohne Metastasen. Die Tumoren können sogleich zusammen mit den Lymphknoten minimalchirurgisch sehr schonend entfernt werden.

Frau in der Höhe

Welche Bedingungen müssen Betroffene erfüllen, damit eine Operation durchgeführt werden kann?

Hojski: Vor der Operation wird bei allen Betroffenen die Fitness und Funktion von Lungen und Herzkreislauf getestet. Wird beispielsweise eine altersentsprechende Lungenfunktion von 80 % gemessen, dann kann operiert werden. Liegt die Kapazität darunter, dann wird die gesamte Körperleistung geprüft. Insgesamt ergibt sich schliesslich eine Sammlung von Untersuchungsbefunden, die mithilfe von standardisierten Risikoberechnungen aufzeigen, ob die Operation durchführbar ist oder nicht. Heute sind selbst über 80-Jährige dank der minimalinvasiven Technik noch operabel.

Welche unterschiedlichen Formen der Operation bei Lungenkrebs gibt es?

Hojski: Bei manchen Tumoren braucht es einen grösseren Eingriff, wobei der Brustkorb geöffnet werden muss. Wir streben immer eine minimal invasive Operation an. Minimalinvasiv sind in der Regel nur ein bis drei Schnitte, von zwei bis vier Zentimeter Länge, für die Kamera und die chirurgischen Geräte erforderlich.

«Wichtig ist, dass die Patient*innen sehr gut informiert werden und wissen, dass sie sich in einer hochprofessionellen Umgebung befinden, wo sie die beste Therapie erhalten.»

Dr. Aljaz Hojski

Welche Vorteile bringt die Operation bei Lungenkrebs?

Hojski: Das Wichtigste ist, dass der Tumor entfernt ist. Bei der Operation im Stadium I bedeutet dies in der Regel – zu mindestens 95 % – die Heilung. Wer nach fünf Jahren keinen Rückfall erlitten hat, gilt als geheilt. Operiert werden kann bis ins Stadium III. Im Stadium IIIA ist die Überlebensrate von 5 Jahren bei 30 – 50%. Schliesslich ist die minimalinvasive Operation verglichen mit anderen Therapien des Lungenkrebses am kostengünstigsten. Es gibt nur kurze Spitalaufenthalte und sehr wenige Komplikationen.

Persönlich denke ich, dass bei Tumoren kleiner als drei Zentimeter Durchmesser die minimalinvasive Operation für Patient*innen die geringsten Nachteile mit sich bringt, verglichen mit der Chemo- oder Strahlentherapie. Der Eingriff schränkt weder die körperlichen Funktionen noch die Lebensqualität ein. Zudem kann eine definitive Diagnose inklusive Status der Lymphknoten gestellt werden und der Tumor ist entfernt.

Welche Nachteile können durch die Operation entstehen?

Hojski: Jede Operation kann unvorhergesehene Situationen mit sich bringen. Blutungen während der Operation sind selten und in den meisten Fällen gering. Infektionen gilt es zu erkennen und zu behandeln. Im Anschluss an die Operation gibt es eine intensive Überwachung und Betreuung, um solche Komplikationen sofort zu erkennen und zu behandeln.

Wie wird die Entscheidung gefällt, ob eine Operation durchgeführt wird, oder nicht?

Hojski: Der Entscheid wird immer im Tumorboard gefällt. Vor der Behandlung treffen sich alle wichtigen Fachrichtungen am Tumorboard um das Krankheitsbild sowie die möglichen Massnahmen zu besprechen. Allein diese Sitzung verbessert die Überlebensprognose dank des versammelten Fachwissens um 10 – 15 %.

Wie stark werden die Patient*- innen in den Entscheidungsprozess involviert?

Hojski: Sehr stark. Dies ist ein Grundbaustein moderner Medizin. Wir besprechen mit den Patient*innen die Behandlungsmöglichkeiten, damit sie eine gut informierte Entscheidung fällen können. Es kommt sehr selten vor, dass Patient*innen nicht mit der vorgeschlagenen Behandlung einverstanden sind. Aber das respektieren wir selbstverständlich.

Was möchten Sie den Patient*innen noch mitgeben?

Hojski: Wichtig ist, dass die Patient*innen sehr gut informiert werden und wissen, dass sie sich in einer hochprofessionellen Umgebung befinden, wo sie die beste Therapie erhalten. Dann müssen sie auch weniger Sorgen und Ängste haben. Zudem ist es unser Ziel, mit der Forschung die Behandlungen fortlaufend zu verbessern.

Journalist: Thomas Ferber
Datum: 28.10.2022