Kleinzelliger Lungenkrebs wächst aggressiv
Lungenkrebs
Therapien

Neue Hoffnung für Patienten mit klein­zelligem Lungen­krebs

Experte für Lungenkrebs und kleinzelligen Lungenkrebs

Prof. Dr. med. et Dr. phil. nat. Sacha Rothschild
Chefarzt Onkologie und Hämatologie
Leiter Tumorzentrum KSB

Dank neuer Therapieansätze haben Patientinnen mit kleinzelligem Bronchialkarzinom heute nicht nur die Chance auf ein längeres Leben, sondern können auch von verbesserter Lebensqualität profitie-ren. Prof. Sacha Rothschild spricht mit uns darüber im Interview.

Prof.  Rothschild  erklärt

Prof. Rothschild, was genau versteht man unter kleinzelligem Lungenkrebs (SCLC)?

Prof. Sacha Rothschild: Lungenkrebs wird grob in zwei Hauptgruppen eingeteilt: das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) und das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC). Beim SCLC bestehen die Tumoren aus sehr kleinen, eng beieinanderliegenden Zellen, die unter dem Mikroskop erkennbar sind. Beim NSCLC sind die Krebszellen dagegen deutlich grösser. Die Gruppe der NSCLC umfasst wiederum ein breites Spektrum unterschiedlicher Entitäten.

 

Wodurch unterscheidet sich SCLC sonst noch vom nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC)?

Rothschild: Der kleinzellige Lungenkrebs ist biologisch ein anderer Tumortyp, der sehr schnell wächst und sich rasch im Körper ausbreitet. Deshalb ist die Erkrankung schwerwiegender und die Heilungschancen sind im Vergleich zum nicht-kleinzelligen Lungenkrebs geringer. Etwa 80 Prozent aller Lungenkrebserkrankungen gehören zur nicht-kleinzelligen Form, rund 20 Prozent zur kleinzelligen.

Kleinzelliger oder nicht kleinzelliger Lungenkrebs

Welche Behandlungsoptionen stehen heute für Patienten mit SCLC zur Verfügung – in der Ersttherapie, aber auch wenn die Krankheit zurückkommt?

Rothschild: Bei kleinzelligem Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium beginnt die Behandlung in den meisten Fällen mit einer Kombination aus Chemotherapie und Immuntherapie. Bei gutem Ansprechen wird die Immuntherapie als Erhaltungstherapie weitergeführt. Der Tumor spricht darauf oft sehr gut an und verkleinert sich deutlich. Leider kommt es jedoch häufig nach kurzer Zeit zu einem Rückfall. In diesem Fall setzen wir erneut eine Chemotherapie ein. Die Behandlungsmöglichkeiten sind bei Rückfällen aber eingeschränkt und oft sind die Patientinnen auch sehr krank und mögen Chemotherapien nicht mehr gut tolerieren.

«Es geht nicht nur darum, das Leben zu verlängern, sondern vor allem darum, dass diese Zeit so angenehm wie möglich ist – mit weniger Atemnot, weniger Schmerzen und der Möglichkeit, den Alltag und wertvolle Momente mit Angehörigen zu geniessen.»

Prof. Sacha Rothschild

Welche Optionen gibt es dann?

Rothschild: Ganz neu gibt es eine moderne Form der Immuntherapie, die wir aktuell in einer Studie untersuchen. Dabei handelt es sich um einen speziellen Antikörper, der das Immunsystem gezielt gegen die Krebszellen aktiviert. Anders als herkömmliche Immuntherapien erkennt er nicht nur ein bestimmtes Signal auf den Tumorzellen, sondern bindet sich auch an die Immunzellen (Abwehrzellen). Diese neue Form eines sogenannten bispezifischen Antikörpers ist mit grossen Hoffnungen für unsere Patienten verbunden. Erste Studien haben gezeigt, dass diese Therapien aktiver und besser verträglich sind, als eine nochmalige Chemotherapie nach einem Rückfall.

 

Eine verbesserte Lebensqualität ist ein zentrales Ziel der Behandlung. Welche Auswirkungen haben die aktuellen Fortschritte auf das Überleben und die Lebensqualität der Betroffenen?

Rothschild: Die neuen Therapien können die Lebensqualität deutlich verbessern, das wurde in der Studie gezeigt: Viele Betroffene berichten über eine leichtere Atmung und weniger Schmerzen. Obwohl die Prognose bei kleinzelligem Lungenkrebs nach wie vor schlecht bleibt – im Durchschnitt liegt die Lebenserwartung im Bereich von etwa einem Jahr – lässt sich das Überleben mit den neuen Behandlungen im Mittel um gut zwei bis drei Monate verlängern.

Lungenkrebs kleinzelliger und nicht kleinzelliger

Welche Rolle spielt heute das Ziel, möglichst wenig Nebenwirkungen zu haben – und dennoch wirksam zu behandeln?

Rothschild: Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten, ist ein zentrales Ziel, besonders bei einer Erkrankung wie SCLC, bei der die Lebensqualität im Vordergrund steht. Es geht nicht nur darum, das Leben zu verlängern, sondern vor allem darum, dass diese Zeit so angenehm wie möglich ist – mit weniger Atemnot, weniger Schmerzen und der Möglichkeit, den Alltag und wertvolle Momente mit Angehörigen zu geniessen. Deshalb suchen wir nach Behandlungsansätzen, die einerseits das Tumorwachstum effektiv bekämpfen, andererseits aber gut verträglich sind.

 

Was möchten Sie Betroffenen und ihren Angehörigen abschliessend mit auf den Weg geben?

Rothschild: Ich möchte, dass es meinen Patient innen so gut wie möglich geht. Die Zeit, die ihnen bleibt, sollten sie weitgehend ohne Beschwerden und mit möglichst hoher Lebensqualität verbringen können. Genau dafür setze ich mich mit meiner Forschung ein. 

Lies hier wie Marc mit kleinzelligem Lungenkrebs lebt. 

Anna Birkenmeier
Datum: 04.10.2025