Brustkrebs Erfahrung Krebsliga Karin
Brustkrebs
Erfahrungsbericht

Diagnose Brustkrebs: «Ich sagte mir: Gring ache und seckle»

Nach der ersten Brustkrebs-Diagnose folgte Karin den empfohlenen Behandlungsschritten und hatte über acht Jahre Ruhe vom Krebs. Beim Rezidiv nahm sie sich Zeit, informierte sich intensiv und traf ihre Entscheidungen selbst – unterstützt von der Krebsliga, die ihr half, den Behandlungsweg aktiv zu gestalten.

«Gring ache und seckle» - Augen zu und durch – war Karins Motto nach ihrer ersten Krebsdiagnose. Völlig überrumpelt sei sie vom Brustkrebs gewesen, wie aus dem Nichts getroffen. «Ich hatte einen starken, hartnäckigen Husten und ging deshalb zu meiner Ärztin. ‹By the way› erwähnte ich, dass ich eine geschwollene Brustdrüse habe», erzählt Karin. Was dann geschah, hätte sie sich in ihren schlimmsten Albträumen nicht ausgemalt. «Meine Ärztin interessierte sich nicht mehr für meinen Husten, sondern meldete mich direkt zur Mammografie an. Ich fühlte mich völlig überrollt», erinnert sich die heute 50-Jährige. Drei Tage später, am 4. Dezember 2014 kam die Diagnose: Brustkrebs. «Brustkrebs? Nein das konnte nicht sein. Ich war doch wegen dem Husten in Behandlung». Dass es nun eine so bedrohliche Krankheit war, konnte Karin lange nicht zuordnen. «Für meine Familie und Freunde, insbesondere für meinen Mann brach eine Welt zusammen. Ich aber blieb optimistisch, realisierte nicht richtig, was die Krankheit bedeutet.» Alles sei neu und unbekannt gewesen – in ihrer Familie habe es bis dahin keine Krebsfälle gegeben. «Jemand mit dem ich mich hätte austauschen können, fehlte zu Beginn».

 

«Mit der Walze überfahren»

Was auch fehlte war Zeit, um die Diagnose zu verstehen. Denn nun ging alles Schlag auf Schlag, «man wird mit der Walze überfahren», beschreibt es Karin. Zugleich sei sie froh gewesen, dass gehandelt wurde, sie dachte: ‹Der Tumor wird wegoperiert und dann ist gut›. «Wie blauäugig ich doch war», schmunzelt Karin. Denn zusätzlich zur Operation musste sie eine Chemo-, Strahlen,- und Antihormontherapie machen. Zu Beginn der Chemotherapie, nahm Karin erstmals Kontakt mit der Krebsliga auf, den Flyer dazu entdeckte sie im Brustzentrum. «Ich wollte mit jemandem sprechen, der selbst durch diese Erfahrungen gegangen ist und meine Ängste, Unsicherheiten und die Herausforderungen der Behandlungen und Nebenwirkungen nachvollziehen kann.»

In Anna Zahno, Leiterin KrebsInfo (früher: Krebstelefon) findet sie eine wichtige Verbündete. «Ich fühlte mich sofort verstanden und konnte mich sowohl fachlich wie auch emotional mit ihr austauschen.» Karin informiert sich zwar auch im Internet über ihre Krankheit, merkt jedoch, dass die Informationsflut und die Recherchen bei Dr. Google sie eher verunsichern, statt ihr echten Nutzen zu bringen. «Was ich hingegen hilfreich finde, ist der Austausch mit anderen Betroffenen etwa in privaten Gruppen auf Facebook», sagt Karin.

Brustkrebs Erfahrung Krebsliga Karin

«Ich fühle mich gesund und fit und bin glücklich mit meinem Leben, so wie es ist», sagt Karin.

Selbstbestimmt mit Hilfe der Krebsliga

Die Therapien schlagen an, Karin kehrt in ihr altes Leben zurück und arbeitet wieder 80 Prozent als Primarlehrerin. Nach achteinhalb Jahren scheint die Krebserkrankung in weiter Ferne. Dann der Schock: Rezidiv. «Das war ein Schlag und für mich viel schlimmer als die erste Erkrankung.» Es sei ein bisschen wie beim Leiterlispiel gewesen – «zurück auf Feld eins geworfen», schildert es Karin. Sie durchlebt Versagensgefühle, hat das Urvertrauen in ihren Körper verloren und spürt zugleich: «Diesmal möchte ich eine mündigere Patientin sein als beim ersten Mal und meine Therapieentscheidungen gut überdenken. Dafür nehme ich mir Zeit.»

Wieder wendet sich Karin an die Krebsliga und wird sowohl fachlich wie auch emotional aufgefangen. «Ich führte ein langes Gespräch mit einer Peer, die ebenfalls ein Rezidiv hatte.» Dabei half ihr vor allem die Erkenntnis, dass sie nicht die Einzige mit Rezidiv ist. «Irgendwie kam es mir vor dem Gespräch so vor, dass überall nur von Erstdiagnosen die Rede war und beim Thema Rezidiv aus meiner Sicht gleich das Damoklesschwert, chancenlos, Metastasen, Tod und absolute Arschkarte über mir schwebte», beschreibt es Karin. Dieses eine Gespräch habe ihr aufgezeigt, dass es auch nach einer zweiten Runde möglich ist, seinen Alltag mit Freude und Energie zu bewältigen. Karin tauscht sich auch in Facebookgruppen aus, befragt andere Betroffene zu den verschiedenen Behandlungsoptionen und Nebenwirkungen. «Am Schluss wog ich die Pros und Contras gemeinsam mit der Unterstützung der Krebsliga ab, die Entscheidung lag jedoch bei mir.» Und die hiess: Mastektomie mit Wiederaufbau, Entfernung der Eierstöcke, Antihormon- und komplementäre Therapien ja, Chemotherapie nein. Von den Ärztinnen fühlte sie sich in ihrer Entscheidung ernst genommen.

 

Wertvolle Begegnungen

Rückblickend sagt Karin, dass sie durch die Krankheit viele wertvolle und tiefe Begegnungen gemacht hat, die sie sonst wohl nie erlebt hätte. Besonders prägend ist die Freundschaft mit einer finnischen Künstlerin, mit der sie sich ein Spitalzimmer teilte. «Wir sind bis heute in Kontakt und sehen uns mindestens einmal im Jahr.» Ebenso wichtig war in den ersten Jahren der Austausch mit den «Strahlefrauen» – eine Gruppe von Frauen, die sie während ihrer Strahlentherapie kennenlernte. «Uns teilt alle ein und dasselbe Schicksal, jede ist mit ähnlichen Fragestellungen konfrontiert. Das schweisst zusammen», sagt sie. Zudem ist Karin heute selbst Peer der Krebsliga und gibt ihre Erfahrungen weiter. «Ich fühle mich gesund und fit und bin glücklich mit meinem Leben, so wie es ist», betont Karin. Sie sei sich bewusst, dass sie mit einer unheilbaren Krankheit lebe, die jederzeit wieder ausbrechen könne. «Aber ich lasse mich nicht davon beherrschen. Stattdessen geniesse ich die schönen Momente; Selbstmitleid hat keinen Platz.» Und von den schönen Momenten gibt es in Karins Leben mehr als genug. «Vor wenigen Monaten ist ein Herzenswunsch von mir in Erfüllung gegangen: Ich bin Oma geworden. Dass ich das erleben darf, ist einfach wundervoll.»

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Vor 30 Jahren startete die Initiative des kostenlosen Beratungs- und Informationsdiensts mit dem Namen «Krebstelefon». Heute sind die sieben Beratenden per Telefon, E-Mail, Chat und über WhatsApp für Krebsbetroffene, Angehörige, Interessierte und Fachpersonen da. Die Fachberater:innen sind erfahrene Pflegefachpersonen mit Zusatzausbil-dungen in verschiedenen Bereichen. In den 30 Jahren hat das Team etwa 120000 Menschen informiert und beraten. Seit Anfang 2025 heisst der Beratungsdienst «KrebsInfo». Das Angebot ist anonym und kostenlos.

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Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 29.09.2025