Darmkrebs Früherkennung
Darmkrebs
Forschung

Darmkrebs verhindern – Früh­er­ken­nung kann Leben retten

Darmkrebs Früherkennung Expertin Julia Schwarz

Dr. Julia Schwarz
Spezialistin Früherkennung
Krebsliga Schweiz

Darmkrebs ist immer noch ein Thema, über das man sich nicht gerne unterhält. Dabei gehört Dickdarmkrebs zu den wenigen Krebsarten, die sich gut vermeiden liessen, weil man bereits Krebsvorstufen identifizieren und entfernen kann. Zudem wachsen Darmtumore in der Regel sehr langsam und lassen sich früh erkennen.

Dr. Schwarz, wie kann ich wissen, ob ich ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs habe?

Dr. Julia Schwarz: Fragen Sie Ihre Verwandten: Wenn Eltern oder Geschwister Darmkrebs (oder viele Darmpolypen) haben, besteht ein erhöhtes Risiko. Auch wenn schon früher Darmpolypen gefunden wurden oder wenn eine chronisch entzündliche Darmerkrankung vorliegt, sollte das Thema Früherkennung mit einer medizinischen Fachperson besprochen werden.

 

Und wenn ich kein erhöhtes Risiko habe?

Schwarz: Auch dann ist eine Früherkennungsuntersuchung sinnvoll. Allerdings erst ab 50 Jahren. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: alle zwei Jahre einen Blut-im-Stuhl-Test (FIT) oder alle zehn Jahre die Darmspiegelung. Den FIT-Test erhält man beispielsweise in der Apotheke. Er findet Blut im Stuhl, das mit blossem Auge nicht sichtbar ist. Ist das Testresultat positiv, schlägt die Ärztin oder der Arzt eine Darmspiegelung vor, um herauszufinden, ob das Blut von verletzten Polypen oder Tumoren im Dickdarm stammt. Bei der Darmspiegelung kann die Fachperson Polypen direkt entfernen. Diese könnten sich unter Umständen zu Krebszellen entwickeln. Auch Symptome wie Blut im Stuhl, veränderter Stuhlgang, anhaltende Bauchschmerzen oder ungewollter Gewichtsverlust sollten abgeklärt werden.

 

Wie unterscheiden sich der FIT-Test und die Darmspiegelung in Bezug auf Zuverlässigkeit?

Schwarz: Der FIT-Test ist etwas weniger empfindlich als die Darmspiegelung. Es kann sein, dass bereits Polypen oder gar Darmkrebs vorhanden sind, aber beim Untersuchungszeitpunkt keine Blutung besteht, welche mit dem FIT-Test nachweisbar wäre. Deshalb wird empfohlen, den Test alle zwei Jahre zu wiederholen. Bei positivem FIT-Test wird eine Darmspiegelung durchgeführt. Die Darmspiegelung ist empfindlicher, wird dafür aber seltener durchgeführt. Polypen und Tumore können mit einer sehr hohen Sicherheit entdeckt und auch gleich entfernt werden. Wenn keine Auffälligkeiten gefunden wurden, wird die Darmspiegelung erst nach zehn Jahren wiederholt. Es kann in seltenen Fällen aber auch vorkommen, dass Darmkrebs oder Vorstufen in der Darmspiegelung nicht entdeckt werden. Besonders flache Veränderungen sind schwieriger zu entdecken. Deshalb ist es wichtig, Symptome abklären zu lassen und nicht bis zur nächsten Untersuchung zu warten.

 

Eine Darmspiegelung ist für viele Menschen immer noch eine unangenehme Vorstellung. Wie läuft die Untersuchung ab?

Schwarz: Bei der Darmspiegelung wird ein Endoskop über den Anus eingeführt, um das Innere des Dickdarms zu untersuchen. Die Untersuchung ist in der Regel nicht schmerzhaft. Man erhält beruhigende Medikamente, so dass man während der Untersuchung schläft und nichts davon mitbekommt. Damit die Fachperson die Darmwand gut beurteilen kann, muss der Darm vollständig leer sein. Dazu ist es nötig, am Tag vor der Untersuchung ein Abführmittel zu nehmen, welches den Darm vollständig entleert. In seltenen Fällen kann es bei Darmspiegelungen zu Komplikationen kommen. Dies können zum Beispiel Blutungen oder Perforationen der Darmwand sein.

 

Wo gibt es in der Schweiz Früherkennungsprogramme und wer führt diese durch?

Schwarz: Leider haben noch immer nicht alle Kantone in der Schweiz ein systematisches Darmkrebs-Screening eingeführt – trotz des belegten Nutzens solcher Programme! Die lateinische Schweiz verfügt flächendeckend über Programme. In der Deutschschweiz tun sich mehrere Kantone mit der Einführung noch schwer. Dennoch sind Veränderungen im Gang: 2023 hat nach Bern und Luzern auch Basel-Landschaft ein Vorsorgeprogramm eingeführt, 2025 ist nun Solothurn am Start – gefolgt vom Kanton Thurgau.

Darmkrebs Früherkennung

Muss ich die Kosten für die Früherkennungsuntersuchung selbst tragen?

Schwarz: Derzeit übernimmt die Grundversicherung die Kosten für Früherkennung bei 50- bis 69-Jährigen. Im Rahmen von kantonalen Programmen ist die Untersuchung sogar franchisebefreit, man bezahlt maximal 10% Selbstbehalt. In der Schweiz beträgt die Lebenserwartung bei 70-Jährigen noch mehr als zehn Jahre und ein Fortführen des Screenings wäre daher sinnvoll. Deshalb hat die Krebsliga Schweiz gemeinsam mit Partnerorganisationen einen entsprechenden Antrag eingereicht. Mit einer Erhöhung der oberen Altersgrenze auf 74 Jahre würde sich die Schweiz den internationalen Empfehlungen anpassen.

 

Kann ich Darmkrebserkrankungen auch vorbeugen?

Schwarz: Ganz verhindern lässt sich Darmkrebs nicht. Aber man kann zumindest die Wahrscheinlichkeit reduzieren. Genügend Bewegung, ein gesundes Körpergewicht, eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen, wenig Alkohol und nicht rauchen sind die besten Tipps zur Risikoreduktion. Andere Risikofaktoren wie das Alter oder familiäre Vorbelastung können nicht beeinflusst werden.

 

Dieser Text erschien erstmalig in abgeänderter Form bei der Krebsliga Schweiz.

Text: Krebsliga / Nadine Gantner
Datum: 22.04.2025