Eierstockkrebs welche Fragen stellen
Patientenkompetenz

Eierstock­krebs – welche Fragen soll ich stellen?

Eierstockkrebs Fragen stellen Viola Heinzelmann

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz
Co-Leiterin Frauenklinik
Chefärztin Gynäkologie/ Gyn. Onkologie
Universitätsspital Basel

«Es gibt keine falschen oder peinlichen Fragen», sagt Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann- Schwarz. Vielmehr gilt: Stelle deiner Ärztin alle Fragen, die dir durch den Kopf gehen und vergiss Dr. Google!

Einige hilfreiche und oft gestellte Fragen:

 

«Wie weit ist meine Erkrankung vorangeschritten? In welchem Tumorstadium wurde mein Krebs diagnostiziert?»

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz: Ich male dazu der Patientin auf, wo genau die Erkrankung und die veränderten Zellen sind und wie gross die Ausdehnung ist. Ich erkläre ihr, welche Typen es gibt und, dass man die Operation abwarten muss. Erst dann kann man genauer sagen, welche Eigenschaften der Tumor hat und welche Behandlungsmöglichkeiten angezeigt sind. Selbst wenn die Krankheit schon weit fortgeschritten ist, besteht Hoffnung auf Heilung. Eine ehrliche Meinung ist wichtig, die Hoffnung darf dabei aber niemals genommen werden.

 

«Wie gross ist mein Tumor? Haben sich bereits Metastasen gebildet? Sind die Lymphknoten befallen?»

Heinzelmann: Eine wichtige Frage, denn sie gibt Aufschluss über die weiteren Behandlungsmöglichkeiten. Genaues können wir jedoch erst nach der Operation sagen. Lymphknoten können auch aus anderen Gründen vergrössert sein, etwa durch eine Entzündung. Wie gross der Tumor ist und ob Metastasen vorhanden sind, lässt sich ebenfalls erst nach der Operation genau bestimmen. Ich verbinde dabei die schlechten Nachrichten immer mit einem Ausblick.

 

Eierstockkrebs welche Fragen stellen

«Hat mein Tumor eine BRCA1 oder BRCA2 Mutation?»

Heinzelmann: Diese Frage ist besonders dann zentral, wenn es in der Familie viele Krebserkrankungen gibt, denn dann kann das ein Hinweis auf einen erblichen Tumor sein. Das spreche ich an und überweise die Patientin gegebenenfalls in unsere genetische Sprechstunde. Ich erkläre was BRCA bedeutet und dass man auf diese Mutation im Gewebe untersuchen wird. Ist tatsächlich eine BRCA1 oder BRCA2 Mutation vorhanden, gibt es gute Therapieoptionen.

 

«Hat mein Tumor eine homologe Rekombinationsdefizienz (HRD)?»

Heinzelmann: Wie bei der BRCA Mutation ist es auch wichtig, die HRD zu kennen, um die bestmögliche Therapie zu finden. Eine HRD wird durch eine Analyse im Tumorgewebe oder Blut aufgezeigt. Wird eine HRD nachgewiesen und sind bestimmte Kriterien erfüllt, können Patientinnen von speziellen Therapien profitieren.

 

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«Welche Behandlungs-Möglichkeiten habe ich?»

Heinzelmann: So individuell die Patientin und deren Tumor ist, so individuell ist auch die Behandlung. Es gibt nicht die eine Standard-Therapie, die für jede Patientin gilt. Vielmehr muss die molekulare Charakteristik des Tumors untersucht und dann entsprechend therapiert werden. Ich erkläre der Patientin die Therapieoptionen und gebe ihr Zeit, damit sie sich in Ruhe damit auseinandersetzen kann.

 

«Wie ist die Prognose?»

Heinzelmann: Ich gebe niemals einen Zeitrahmen an. Denn die Prognose hängt von vielen Faktoren ab – etwa wie gut die Operation gemacht wird, wie der Tumor beschaffen ist oder wie die Chemotherapie wirkt. Auch statistische Werte entsprechen nie der Prognose der individuellen Patientin. Ich sage meinen Patientinnen, dass wir wahrscheinlich einen langen Weg zusammengehen werden und dass unser Ziel die Heilung ist.

 

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«Meine Diagnose ist bereits eine Weile her. Gibt es neue Behandlungs-Optionen für mich?»

Heinzelmann: Diese Frage ist berechtigt, denn in der Krebsforschung werden laufend Fortschritte gemacht. Beim Eierstockkrebs erläutere ich, welche neuen Therapieoptionen es gibt. Die Erhaltungstherapie ist sehr wichtig.

 

«Ich habe im Internet gelesen, dass…»

Heinzelmann: Googeln ist verlockend, macht aber sehr häufig mehr Angst, als dass es hilfreiche Antworten liefert. Die Fülle an allgemeinen Informationen ist riesig und trägt oftmals zur Verunsicherung bei. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann hingegen hilfreich sein, z.B. im Rahmen der Selbsthilfe.

 

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«Welche Unterstützungsangebote gibt es ausserhalb des Spitals?»

Heinzelmann: Eine Krebsdiagnose ist eine grosse Belastung für Patientinnen. Es ist deshalb wichtig, dass Betroffene wissen, wo sie sich zusätzlich zum medizinischen Personal Hilfe holen können. Es gibt eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten etwa von der Krebsliga und von Patientenorganisationen wie ElleHelp oder der Manja Gideon Stiftung. Ebenso mache ich die Patientinnen auf das psychoonkologische Angebot aufmerksam.

 

Prof. Heinzelmann zum Thema "Fragen stellen": 

Sollen Patientinnen ihren Ärzt*innen Fragen zu Behandlungsmöglichkeiten und zur erhaltenden Therapie stellen?

Heinzelmann: Unbedingt! Es ist wichtig, dass die Patientinnen Fragen stellen, bis sie wirklich alles verstanden haben. Ich gebe meinen Patientinnen jeweils meine Mailadresse, sodass sie mir auch nach dem offiziellen Patientinnen-Gespräch Fragen senden können, die ihnen im Nachhinein einfallen.

Was ist für Sie das A und O in der Kommunikation mit Ihren Patientinnen?

Heinzelmann: Wichtig ist, dass man die Patientin erst hinzuzieht und über die Krankheit informiert, wenn die Diagnose gesichert ist. Ich plane mir immer genügend Zeit für die Patientin ein und kommuniziere klar, ehrlich und offen. Fachausdrücke sind ein no go! Zudem versuche ich der Patientin Angst zu nehmen und fokussiere auf die Dinge, bei denen Platz für Hoffnung besteht.

Welche allgemeinen Tipps haben Sie zum «Fragen stellen»?

Heinzelmann: Stellen Sie alle Fragen, die Ihnen durch den Kopf gehen. Es gibt keine falschen oder peinlichen Fragen.

Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 23.10.2023