Eierstockkrebs informierte Patientin
Gyn. Krebs
Patientenkompetenz

Eierstock­krebs: Die informierte Patientin

Eierstockkrebs informierte Patientin Viola Heinzelmann

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz
Co-Leiterin Frauenklinik, Chefärztin Gynäkologie/Gyn. Onkologie
Universitätsspital Basel

Die Rolle der Patientinnen verändert sich zunehmend – sie informieren sich und gestalten ihren Behandlungsweg aktiv mit. Die informierte Patientin wird zur Expertin ihres Körpers und ihrer Krankheit. «Unterstützung sollte sie von ihrer Ärztin bekommen», sagt Prof. Heinzelmann im Interview.

Warum ist es wichtig, sich als Patientin selbst zu informieren und Entscheidungen gemeinsam mit den Ärzt*innen zu treffen?

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz: So individuell jede Patientin ist, so unterschiedlich sind auch ihre Wünsche hinsichtlich der Therapieentscheidung. Wir Ärzt*innen geben die entsprechenden Empfehlungen ab, informieren die Patientin und vermitteln ihr weitere Beratungsstellen wie etwa die Krebsliga. Am Ende muss die Patientin jedoch für sich ganz alleine entscheiden, ob sie motiviert und bereit ist, diesen anspruchsvollen Weg zu gehen. Ich rate meinen Patientinnen jeweils, eine Liste mit möglichen Fragen aufzuschreiben. Je besser sich eine Patientin bereits im Vorfeld informiert, desto schneller kommt man oft zu einer Entscheidung.

 

Wie gehen Sie in einem ersten Gespräch mit der Patientin vor?

Heinzelmann-Schwarz: Ich erkläre ihr, was wir empfehlen würden und warum. Für ein besseres Verständnis zeichne ich der Patientin den Befund jeweils auf. Thematisiert werden auch die Nebenwirkungen der Therapie und welche Einschränkungen damit verbunden sein werden. Wenn die Patientin das Warum verstanden hat, gehen wir auf ihre persönliche Situation ein. Dazu gehört die familiäre Situation genauso wie bereits vorhandene körperliche Einschränkungen. Es kann hilfreich sein, eine Bezugsperson mit zum Arztgespräch zu nehmen, mit der sich die Patientin später austauschen und die Behandlungsempfehlungen reflektieren kann.

 

Haben informierte Patientinnen bessere Heilungschancen?

Heinzelmann-Schwarz: Von Seiten der Patientin hilft sicherlich eine positive Grundeinstellung – ist sie überzeugt von der Behandlung, gut informiert und ‘therapietreu’, so verbessern sich die Heilungschancen. Studien bestätigen ausserdem, dass Patientinnen, die sich in einem spezialisierten Zentrum behandeln lassen, bessere Heilungschancen haben. Gleiches gilt auch für die Ärzt*in: hat sie Erfahrung und ist über die neuesten medizinischen Standards informiert, steigen die Heilungschancen für die Patientin.

 

Sind Ärzt*innen in der Schweiz im Allgemeinen offen für eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit der Patientin?

Heinzelmann-Schwarz: Sie sollten offen sein und eine gute Fachperson ist dies auch. Allerdings zeigt die Realität, dass das Zwischenmenschliche, also die empathische Komponente, oft zu wünschen übriglässt. Manche Ärzt*innen sind sich oft zu wenig bewusst, wie sehr die Art und Weise, wie sie etwas sagen und erklären, die Patientin verunsichern, ja verängstigen kann. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Nocebo-Effekt, also dem negativen Gegenstück zum Placebo-Effekt.

 

Was sollte man tun, wenn die Ärzt*in nicht offen ist für eine gemeinsame Entscheidungsfindung?

Heinzelmann-Schwarz: Hat die Patientin kein gutes Gefühl, so rate ich unbedingt, eine zweite Meinung einzuholen. Eine Krebsbehandlung ist so ein langer Weg – da braucht man Vertrauen und muss sich gut aufgehoben fühlen.

 

Wo und wie können sich Patientinnen informieren (ausserhalb des Arztgesprächs)?

Heinzelmann-Schwarz: Das Internet bietet hierzu sehr viel Potential, allerdings auch Gefahren. Aus der Fülle an Informationen seriöse Quellen herauszupicken ist für den Laien nicht einfach. Vielmehr kann die Suche zu Ängsten und Unsicherheiten führen, etwa wenn man auf allgemeine Prognosen stösst. Ich rate deshalb, Material von etablierten Institutionen wie der Krebsliga oder von Patientenorganisationen zu beziehen. Am besten fragt man beim Fachpersonal nach, welche Quellen empfohlen werden.

Wie findet man seriöse Informationen im Internet?

Um Patientinnen mit Eierstockkrebs verständliche Informationen zur Verfügung zu stellen, haben sie die Online Plattform «Olivia» ins Leben gerufen. Was ist Olivia?

Heinzelmann-Schwarz: Olivia ist eine Informationsplattform für Patientinnen, deren Inhalt von Expert*innen geschrieben und unterstützt wird. Sie begleitet die Patientin während ihrer Erkrankung und hilft ihr dabei, ihren Bedürfnissen entsprechend passende Informationen zu finden. Olivia ist für die betroffene Frau der erste Schritt, um ihr Wissen zum Thema Eierstockkrebs zu erweitern.

 

Welche Informationen finden sich auf der Plattform?

Heinzelmann-Schwarz: Olivia bietet eine grosse Bandbreite an Ressourcen für alle, die von Eierstockkrebs betroffen sind, einschliesslich eines Leitfadens für neu diagnostizierte Patientinnen, detaillierten Informationen zu jedem Schritt im Umgang mit Eierstockkrebs, Lifestyle-Artikeln, Quellenverzeichnissen und Patientinnengeschichten.

Olivia

Die digitale Plattform «Olivia» soll allen, die von Eierstockkrebs betroffen sind sowie ihren Angehörigen und Behandlungsteams, umfassende Unterstützung im täglichen Leben bieten – von der Diagnose bis zur Therapie und der langfristigen Versorgung.

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CH-9242

Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 09.04.2024