Paar umarmt sich
Prostatakrebs
Kommunikation

Offenheit kann verbinden

«Reden ist Silber, Schweigen ist Gold?». Besonders im Zusammenhang mit Prostatakrebs scheinen betroffene Männer diesem Sprichwort Folge zu leisten. Weshalb ist das so? Und was könnte Mann stattdessen tun?

In der Schweiz erkranken jährlich 6600 Männer an einem Prostatakarzinom. Damit ist dies die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung bei Männern. Vor 17 Jahren war Max Lippuner einer der Patienten, welche die Diagnose «Prostatakrebs» erhielten. Ein Krebs, der die Männlichkeit angreift und es deswegen für viele Betroffene noch schwieriger macht, darüber zu sprechen. «Darüber reden, sich mit der Krankheit und dem Passierten auseinandersetzen, kann helfen, sich in der neuen Situation zurecht zu finden», weiss Dr. Corinne Urech vom Unispital Basel, die in unserer Podcastserie «Kommunikation» mit uns über dieses Thema sprach.

Doch Männer tun sich oft schwer damit, über ihre Krankheit und den damit einhergehenden Folgen zu sprechen. Im Speziellen bei intimen Themen wie «Inkontinenz» oder «Impotenz» – häufige Folgen der Prostatakrebs-Therapie – verstummen Betroffene häufig endgültig. Ganz nach dem Motto: «Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.»

 

Nicht so Max Lippuner. Für ihn war «darüber» reden Gold wert: Er hat eine Selbsthilfegruppe für Männer gegründet und spricht nicht nur dort offen über seine Erkrankung und die damit verbundenen Probleme: «Für uns Männer ist es einfacher, beispielsweise über etwas Organisatorisches zu sprechen als über intime Angelegenheiten, die unsere Männlichkeit beeinträchtigen.» Als Gründer und Präsident von Europa Uomo Schweiz macht er regelmässig die Erfahrung, dass es für Betroffene hilfreich ist, sich in einer Gruppe mit ebenfalls Betroffenen auszutauschen. «Ähnliche Schicksale machen offen und verbinden. Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft und ermöglicht eine andere Sicht auf die ‹Dinge›».

 

Krebsfreie Zeiten sind erlaubt!

Doch nicht nur Selbsthilfegruppen können helfen. Generell ist «darüber» reden eine Form der Verarbeitung. Dabei sei es wichtig, die richtige Person zu finden, mit der Mann über seine Erkrankung sprechen kann. Dies kann die Partnerin, jemand aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis, oder auch eine Psychoonkologin oder ein Psychoonkologe sein, so Dr. Corinne Urech. «Alles, was dem Patienten hilft, sollte in Erwähnung gezogen werden. Aber: Auch krebsfreie Zeiten sollten erlaubt sein.»

Es sei sinnvoll, sich zu überlegen, was mit wem besprochen werden möchte, respektive, wann der Patient nicht über seine Erkrankung sprechen möchte. Dies sollte dann dem Gegenüber so mitgeteilt und im Optimalfall vom diesem respektiert werden, führt Dr. Urech weiter aus.

 

Prostatakrebs beeinflusst die Partnerschaft

Häufig verändert die Krankheit «Krebs» das Beziehungsgefüge in einer Familie. Insbesondere die Beziehung von Paaren zueinander kann in ihrer Stabilität bedroht sein. Nicht nur der Patient, auch der/die Partner*in wird durch die Krankheit sehr belastet.

Das Gegenüber muss unter Umständen einen Rollenwechsel, Veränderungen bezüglich ihrer gemeinsamen Sexualität, bisher unbekannte Ängste oder neue Verhaltensmuster verkraften. Ebenso ist es für viele direkt und indirekt Betroffene eine Herausforderung, Bedürfnisse angemessen zu äussern. Diese Erfahrung machte auch Max Lippuner wiederholt während den Jahren seiner Krebserkrankung: «Eine solche Erkrankung stellt eine Beziehung auf eine harte Probe. Ein Paar, das Problemlösungsmechanismen kennt, hat aus meiner Sicht Vorteile beim Ausdiskutieren der neuen Lebens-umstände.»

So sind sich dann auch Max Lippuner, als auch Dr. Corinne Urech bezüglich der Kommunikation in Partnerschaften einig: «So offen wie möglich miteinander sprechen. Bedürfnisse und Emotionen klar benennen. Dabei kann Mann nicht viel verlieren.»

Hier die ganze Podcasstaffel zu Kommunikation bei Krebs anhören. 

Journalistin: Sandra Baumgartner
Datum: 28.10.2022