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Blutkrebs
Erfahrungsbericht

Hilfe und Unterstützung für Multiple Myelom Betroffene

Myelom Patienten Schweiz Präsident Florin Rupper

Florin Rupper
Präsident «Myelom Patienten Schweiz (MPS)»

Jährlich erkranken in der Schweiz rund 600 Menschen an einem Multiplen Myelom. Die Herausforderungen sind für die Betroffenen und ihre Angehörigen gross. 

Der Verein «Myelom Patienten Schweiz (MPS)» stellt nicht nur Informationen zur Verfügung, sondern vernetzt auch die Betroffenen untereinander. Sein oberstes Ziel: das Leben für Patient*innen mit Multipem Myelom und ihre Angehörigen zu verbessern.

 

Herr Rupper, Sie sind Präsident des Vereins «Myelom Patienten Schweiz (MPS)» und selbst am Multiplen Myelom erkrankt. Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Betroffenen konfrontiert?

Florin Rupper: Die Herausforderungen beginnen bereits bei der Diagnosestellung. Eine Myelom Erkrankung hat viele Gesichter und verläuft bei allen Patient*innen unterschiedlich. Die Symptome sind zumeist unspezifisch und nicht selten haben die Betroffenen eine lange Ärzteodyssee hinter sich. Steht die Diagnose, sehen sich die Patient*innen mit einer Flut an Informationen konfrontiert.

 

Wie haben Sie das damals erlebt?

Rupper: Ich hatte zunehmende Rückenschmerzen verspürt. Bei einer bildgebenden Untersuchung, der sogenannten Computertomographie (CT), wurden zwei gebrochene Wirbel entdeckt ohne dass es dafür eine Erklärung gab. Mit den folgenden Untersuchungen kamen die Ärzte dann auf die Diagnose Multiples Myelom. Anfangs konnte ich mir darunter ehrlich gesagt nichts vorstellen. Als die ersten Fragen zur Krankheit dann geklärt waren, war es schon ein rechter Schock!

 

Der Verein «Myelom Patienten Schweiz» hat sich als Ziel gesetzt, Informationen patientengerecht zu bündeln und die Betroffenen und ihre Angehörigen zu unterstützen. Wie gelingt das?

Rupper: Nebst den Informationen zur Krankheit und Therapie auf unserer Website (www.multiples-myelom.ch), liegt der Fokus des Vereins auf der Vernetzung von Betroffenen. Dazu treffen sich die Betroffenen jeden Monat in den regionalen Gruppen zu einem Erfahrungsaustausch. Dabei vermitteln wir nicht ausschliesslich Informationen über die Krankheit. Vielmehr machen wir uns gegenseitig Mut, unterstützen uns und schenken uns Zuversicht. Wir erfahren, was im jeweils anderen vorgeht, welche Herausforderungen man zu meistern hat und wie die Krankheit das Leben prägt. Nach der Diagnose stehen alle Betroffenen vor ähnlichen Fragen, auch was die Behandlung anbelangt. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist extrem wertvoll! Das weiss ich aus eigener Erfahrung.

Mit welchen typischen Fragestellungen sehen sich die Betroffenen konfrontiert?

Rupper: Typische Fragen treten immer wieder hinsichtlich der Therapie auf; einerseits zu den Möglichkeiten, und andererseits zum Verlauf. Eine mögliche Hochdosistherapie mit Stammzellentransplantation wirft für einen Neu-Betroffenen immer wieder zentrale Fragen auf; viele haben Bammel davor. Die Erfahrungen der anderen Patient*innen hinsichtlich Verlauf und Nebenwirkungen, helfen da enorm. Oft möchten die Betroffenen auch wissen, wo sie noch zusätzlich Informationen etwa zu alternativmedizinischen Angeboten bekommen.

 

Mit welchen weiteren Angeboten richtet sich der Verein an seine Mitglieder*innen?

Rupper: Neben den regionalen Treffen, gibt «Myelom Patienten Schweiz» jährlich ein umfangreiches und informatives Bulletin heraus. Das Bulletin informiert über Neuheiten in der Myelombehandlung, liefert Tipps und zeigt Patientengeschichten auf. Ausserdem organisiert der Verein alle zwei Jahre ein Symposium. Das nächste findet im April 2023 statt, wir erwarten rund 200 Teilnehmende. Die Themen sind der aktuelle Stand und die Zukunft bei der Myelom Therapie sowie Umgang mit Nebenwirkungen. Daneben unterstützen wir uns in den Kontaktgruppen gegenseitig mit konkreten Hilfestellungen. Wir schauen persönlich zueinander und vermitteln professionelle Hilfe, etwa zur Krebsliga. Manchmal braucht es auch administrative Hilfe zum Beispiel bei der Kostengutsprache von medizinischen Leistungen, Behandlungen oder Medikamenten. Das ist oft eine leidige Sache und treibt viele Patient*innen fast in die Verzweiflung.

 

Sie haben erwähnt, dass Sie konkrete Hilfestellung leisten. Wie sieht diese aus?

Rupper: Konkret kann ich Ihnen das Beispiel einer älteren betroffenen Dame nennen. Nachdem ihr Mann verstorben ist, war sie überfordert mit der administrativen und finanziellen Situation, ihr fehlte die Kraft, sich um diese Dinge zu kümmern. Wir haben sie unter Beizug der Krebsliga in ihrem Alltag unterstützt, bei der Wohnungssuche geholfen und ihr die Administration erledigt. Weiter habe ich auch schon mit einer Pharmafirma Kontakt aufgenommen, nachdem die Krankenkasse das Medikament eines Betroffenen nicht bezahlen wollte. Allerdings war das ein Ausnahmefall; normalerweise haben wir mit der medizinischen Betreuung nichts zu tun.

 

Welche Möglichkeiten gibt es, um den Verein zu unterstützen?

Ein wichtiger Bereich sind für uns Spenden und Legate. Für die Durchführung eines Symposiums sowie grösserer Projekte sind wir auf Sponsorengelder vor allem von Pharmaunternehmen angewiesen.

 

Zum Schluss: Welche Tipps möchten Sie Betroffenen auf den Weg geben, um eine gute Lebensqualität zu erhalten?

Rupper: Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen kann sehr hilfreich sein und die Lebensqualität positiv beeinflussen. Viele Patient*innen leben viele Jahre mit Multiplem Myelom und haben oft eine recht gute Lebensqualität. An Tipps sind generell zu nennen: sich viel zu bewegen, vielfältig zu ernähren und eine positive Mentalität zu pflegen.

Multiples Myelom

Was ist ein Multiples Myelom?

Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark. Jährlich erkranken in der Schweiz rund 600 Menschen daran. Über die Hälfte der Erkrankten ist zum Zeitpunkt der Diagnose 70 Jahre oder älter.

Welche Therapien gibt es?

In einem sehr frühen Stadium kann man oftmals mit der Therapie noch zuwarten, weil diese zu dem Zeitpunkt keine Vorteile bringt. Wenn die Erkrankung zu Beschwerden führt, sollte eine Behandlung gestartet werden. Als erste Therapiemassnahme wird meistens eine Chemotherapie durchgeführt. Manchmal kommt zusätzlich eine Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzelltransplantation in Frage. Weitere Optionen sind medikamentöse Therapien mit zielgerichteten Medikamenten (z.B. Antikörpertherapie, Immuntherapie) oder Strahlentherapien.

Journalist: Anna Birkenmeier
Datum: 19.10.2022