Operation bei Brustkrebs
Brustkrebs
Therapien

«Die Ope­ration ist nach wie vor eine der wichtigsten Säulen in der Brust­krebs­therapie»

PD Dr. med. Constanze Elfgen
Leitende Ärztin Affidea brustCare
Brust-Zentrum Zürich
Brustkrebszentrum Klinik Hirslanden Zürich

Eine Brustkrebs-Operation bedeutet heute längst nicht mehr den Verlust der gesamten Brust. Dank moderner Verfahren können viele Tumoren brusterhaltend entfernt oder die Brust direkt rekonstruiert werden. «Patientinnen haben so mehr Möglichkeiten, ihre Behandlung individuell mitzugestalten», erklärt die Brustchirurgin Constanze Elfgen im Interview.

Im  Gespräch  mit  Dr.  Elfgen

Dr. Elfgen, wann ist eine Operation bei Brustkrebs notwendig oder sinnvoll?

Dr. Elfgen: Im Moment werden fast alle Brustkrebserkrankungen operativ behandelt – die Operation ist nach wie vor eine der wichtigsten Säulen. Gleichzeitig gibt es inzwischen sehr wirksame Medikamente. Manchmal setzen wir diese zuerst ein, sodass der Tumor kleiner wird oder sogar ganz verschwindet.

 

Auch ein verschwundener Tumor wird dann operiert?

Elfgen: Ja. Auch wenn er bildgebend nicht mehr sichtbar ist, raten wir meist zu einer Operation: Wir wissen nicht sicher, ob noch aktive Krebszellen vorhanden sind. Durch die Gewebeuntersuchung können wir das klären. In den meisten Fällen finden wir keine Restzellen mehr – manchmal aber doch. Wenn die Bildgebung künftig noch präziser wird, könnte eine Operation für manche Frauen überflüssig werden.

Therapieoptionen bei Brustkrebs

Welche Ziele verfolgt eine Operation – geht es immer um Heilung?

Elfgen: In den meisten Situationen geht es tatsächlich um Heilung. Durch die Vorsorge kommen viele Frauen heute in einem frühen Stadium zu uns und je früher wir behandeln, desto besser sind die Heilungschancen. Dann ist die Operation der kurative, heilende Ansatz. Aber auch wenn ein Tumor gestreut hat, empfehlen wir oft noch eine Operation – nicht zur Heilung, sondern um die Krankheit lokal zu kontrollieren.

 

Wie erleben Sie die Abwägung zwischen brusterhaltender und radikaler Operation?

Elfgen: Das hängt stark vom Verhältnis zwischen Tumorgrösse und Brustgrösse ab. In einer grossen Brust lässt sich mehr Gewebe entfernen, ohne die Brustform zu sehr zu verändern. Bei einer kleinen Brust kann schon ein kleiner Tumor bedeuten, dass die Brust entfernt werden muss.

 

Welche Rolle spielen genetische Faktoren?

Elfgen: Frauen mit BRCA-Mutation haben ein hohes Risiko, erneut zu erkranken, und entscheiden sich deshalb häufig, das gesamte Brustdrüsengewebe – manchmal sogar beidseitig – entfernen zu lassen. Oft können wir aber Hautmantel und Brustwarze erhalten. Nur in seltenen Fällen, wie beim inflammatorischen Mammakarzinom, muss auch die Haut mitentfernt werden.

«Wichtig sind Fragen wie: Ist eine brusterhaltende OP möglich? Wie lange dauert der Spitalaufenthalt? Welche Risiken gibt es?»

PD Dr. med Constanze Elfgen

Wer entscheidet über die Art der Operation – Ärztinnen oder die Patientin?

Elfgen: Das ist immer eine gemeinsame Entscheidung. Zum Glück hat sich das Rollenverständnis in der Medizin verändert: Patientinnen werden ernst genommen, bekommen Zeit und Unterstützung. Denn für die betroffene Frau ist es eine hoch emotionale Situation. Deshalb beziehen wir auch unsere Breast Care Nurses und bei Bedarf plastische Chirurgen in die Gespräche ein. Im Tumorboard sprechen wir eine Empfehlung aus, aber die individuelle Entscheidung wird im Dialog mit der Patientin getroffen.

 

Welche Fragen sollten sich Betroffene vor einer Operation stellen?

Elfgen: Im ersten Gespräch geht es meist um die Grundlagen: Welche Krebsart liegt vor? Gibt es Absiedlungen? Welche Therapieoptionen gibt es? Im zweiten Gespräch steht die Operation im Mittelpunkt. Wichtig sind Fragen wie: Ist eine brusterhaltende OP möglich? Wie lange dauert der Spitalaufenthalt? Welche Risiken gibt es? Auch individuelle Ängste dürfen angesprochen werden, selbst wenn sie irrational erscheinen. Manche Frauen möchten auch Bilder sehen oder ein Implantat anfassen, um sich besser vorstellen zu können, wie das Ergebnis aussehen könnte.

Brustkrebs kann oft operiert werden, wenn früh erkannt Heilung

Welche Operationsmethoden gibt es heute?

Elfgen: Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen brusterhaltenden Eingriffen und Brustentfernungen. Bei onkoplastischen Operationen spielt die Ästhetik eine wichtige Rolle: Wir entfernen den Tumor mit ausreichendem Sicherheitsabstand und achten gleichzeitig auf eine gute Brustform. Oft wird die Brust innerlich neu geformt oder eine Hautstraffung durchgeführt. Bei einer Brustentfernung können wir häufig Haut und Brustwarze belassen und nur das Drüsengewebe entfernen. Manche Frauen entscheiden sich gegen eine Rekonstruktion, andere für Implantate oder Eigengewebe. Auch das ist eine sehr individuelle Entscheidung.

 

Gibt es neue, besonders schonende Verfahren?

Elfgen: Ja, die Operationen sind insgesamt schonender geworden. Durch moderne Medikamente müssen wir oft weniger Gewebe entfernen. Auch in der Achselhöhle operieren wir heute deutlich weniger radikal als früher. Eine brusterhaltende Operation ist grundsätzlich schonender als eine Entfernung des gesamten Drüsengewebes.

«Vertrauen und ein gutes Gefühl in der Behandlung sind ein wichtiger Teil der Heilung und haben sogar positive Auswirkungen auf das Immunsystem.»

PD Dr. med Constanze Elfgen

Was sollten Patientinnen nach einer Operation wissen?

Elfgen: Nach einer brusterhaltenden Operation gilt: Vier bis sechs Wochen körperlich schonen, kein Sport. Eine Woche nach dem Eingriff machen wir eine Wundkontrolle, dann liegen auch die Untersuchungsergebnisse des entnommenen Gewebes vor, die für die weitere Behandlung entscheidend sind. Die meisten Patientinnen bleiben nur zwei Tage stationär. Die Schmerzen sind meist moderat und gut behandelbar. Bei Rekonstruktionen mit Eigengewebe ist der Aufenthalt etwas länger.

 

Was möchten Sie Betroffenen und Angehörigen abschliessend mitgeben?

Elfgen: Bringen Sie alle Ihre Fragen und Sorgen offen ein, auch wenn sie Ihnen unwichtig oder «irrational» erscheinen. Es gibt keine dummen Fragen. Vertrauen und ein gutes Gefühl in der Behandlung sind ein wichtiger Teil der Heilung und haben sogar positive Auswirkungen auf das Immunsystem.

Anna Birkenmeier
Datum: 07.10.2025