Prostatakrebs mit BRCA2-Mutation: «Vieles hat sich verändert – aber nicht zum Schlechten»
Die Diagnose Prostatakrebs traf Johannes wie aus heiterem Himmel – genauso wie die Tatsache, dass er Träger einer BRCA2-Mutation ist. Welche Auswirkungen die Mutation auf seine Therapieoptionen und auf das Leben seiner Kinder hat, erzählt er uns in der Patientengeschichte.
Johannes' Geschichte
Vor über 36 Jahren ist Johannes der Liebe wegen von Österreich in die Schweiz gekommen – und geblieben. Seinen charmanten Wiener-Dialekt hat er behalten, genauso wie seine Vorliebe für Wienerschnitzel und Knödel. «Meine Familie mit österreichischen «Schmankerln» zu verwöhnen, bereitet mir grosse Freude», sagt Johannes. Zu seiner Familie gehören seine Frau, zwei erwachsene Söhne und eine erwachsene Tochter. Und ja, sein geliebtes Motorrad mit dem Seitenwagen sei auch fast so etwas wie ein Familienmitglied, lacht Johannes. Soeben ist er von einer Motorradreise aus Irland zurückgekehrt – 5000 Kilometer quer durchs Land. «Die Weiten der Natur, der Wind im Gesicht und diese Unbeschwertheit – für mich ist Motorradfahren Freiheit pur», schwärmt er. Seine Leidenschaft fürs Motorradfahren und seine Familie haben ihm denn auch in der schwierigsten Zeit seines Lebens Halt gegeben.
«Die Diagnose war wie ein Hammerschlag!»
Der Tag der Diagnose
«Die Diagnose war wie ein Hammerschlag», erinnert sich Johannes an den Tag, an dem ihm der Arzt mitteilte, dass er Prostatakrebs hat. Damit hatte er im Leben nicht gerechnet – schliesslich fühlte er sich fit und gesund, alle Checkups waren zunächst unauffällig. «Die Prostata war bei der manuellen Untersuchung normal, trotzdem wollte mein Arzt noch den PSA-Wert bestimmen», erzählt Johannes. Und dieser war alles andere als normal. Der Wert lag bei 23 und war damit deutlich erhöht (Anmerkung der Redaktion: ein PSA-Wert von unter 2.5 – 3 gilt in der Regel als normal). Weitere Untersuchungen folgten, und schliesslich kam die Bestätigung: Prostatakrebs. Der Tumor wurde operativ entfernt, und im Winter 2020 unterzog sich Johannes einer Bestrahlung. Die Behandlung schien erfolgreich, der PSA-Wert sank auf 1. «Ich war überzeugt, dass ich den Krebs besiegt hatte», so Johannes.
Johannes unterwegs mit seinem Motorrad
Die Entdeckung der BRCA-Mutation
Eineinhalb Jahre später wird seine Hoffnung jäh zerstört – Johannes PSA Wert ist wieder hoch, der Krebs ist zurück. Diesmal finden die Ärzt*innen weitere Herde in den Lymphknoten. Johannes wird aufgrund der gehäuften Krebsfälle in der Familie zu einem Gentest geraten, bei dem herausgefunden werden soll, ob Johannes zum Beispiel Träger einer BRCA2-Mutation ist. Diese genetische Veränderung erhöht nicht nur das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs bei Frauen, sondern auch für Prostatakrebs bei Männern. Und tatsächlich: Johannes ist Träger. Das Wissen um die Genmutation hat nicht nur Konsequenzen für seine Kinder, sondern ist auch ein entscheidender Wendepunkt in Johannes’ Behandlung. Er wird mit einer neuartigen Therapie behandelt, die anschlägt: Johannes PSA-Wert sinkt auf 0,03. Ihm geht es sehr gut, er arbeitet 100 Prozent und hat praktisch keine Nebenwirkungen. «Ausser, dass meine Haare etwas feiner geworden sind», lacht er.
Ein Kind hat die Mutation geerbt
Johannes drei Kinder lassen sich auf eine mögliche Genmutation untersuchen. Während der Test bei seiner Tochter und bei seinem älteren Sohn negativ ausfällt, ist sein jüngster Sohn Träger. Damit hat er eine Wahrscheinlichkeit von 25 – 35 Prozent irgendwann an Prostatakrebs zu erkranken. «Mein Sohn hat relativ entspannt reagiert und umgehend einen Termin beim Urologen vereinbart», erzählt Johannes. Das Wissen um die Mutation gebe seinem Sohn nun die Möglichkeit, präventive Massnahmen zu ergreifen und das Risiko im Auge zu behalten, ergänzt der gebürtige Wiener. Die BRCA2 Mutation erhöht bei Männern auch das Risiko, an männlichem Brustkrebs und in geringerem Ausmass auch an schwarzem Hautkrebs (Melanom) und Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken.
«Man wird sich der Endlichkeit bewusster, aber das bedeutet auch, dass man die schönen Momente noch mehr schätzt.»
Jeden Moment geniessen
Für Johannes hat sich durch die Diagnose und die Entdeckung der BRCA-Mutation vieles verändert, aber nicht zum Schlechten. «Man wird sich der Endlichkeit bewusster, aber das bedeutet auch, dass man die schönen Momente noch mehr schätzt», betont Johannes. Er rege sich im Alltag nicht mehr so schnell auf, geniesse jeden Moment und konzentriere sich auf Dinge, die ihm Freude bereiten – das Motorradfahren, das Singen in zwei verschiedenen Chören, die Zeit mit seiner Familie. Und er schmiedet Pläne für die Zukunft: «In einem Jahr werde ich pensioniert. Dann geht es auf eine fünfwöchige Töfftour ans Nordkap.»
«Nicht den Kopf in den Sand stecken»
Sein wichtigster Rat an andere Betroffene ist, sich rechtzeitig untersuchen zu lassen und regelmässig zur Kontrolle zu gehen. «Krebs macht keine Schmerzen. Deshalb ist die Früherkennung so wichtig», sagt er. Doch Johannes betont auch die Bedeutung der psychischen Einstellung. «Den Kopf in den Sand zu stecken, bringt nichts». Vielmehr helfe es, positiv durchs Leben zu gehen und das zu machen, was einem Freude bereitet.
PD Dr. med. Aurelius Omlin, Johannes' behandelnder Onkologe im OnkoZentrum Zürich und Chairman des Uroonkologischen Zentrums Hirslanden Zürich, kommentiert seine Geschichte.
Dr. Omlin, warum war die Entdeckung der BRCA-Mutation ein entscheidender Wendepunkt in der medizinischen Behandlung von Johannes?
Omlin: Nach einer Operation, Bestrahlung und Hormontherapie zeigte sich, dass der Krebs nicht dauerhaft kontrolliert werden konnte. Molekulare Tests enthüllten die BRCA2-Mutation, die das Risiko für aggressive Krebserkrankungen erhöht. Ihr Nachweis war daher besonders bedeutsam, da sie nicht nur die Erklärung für den aggressiven Verlauf seiner Erkrankung lieferte, sondern auch den Weg für den Einsatz von PARP-Inhibitoren oder anderen zielgerichteten Therapien ebnete, die speziell auf BRCA-mutierte Tumore abzielen. Diese Mutation hat somit die Behandlung individualisiert und bietet eine Chance auf eine gezieltere und möglicherweise effektivere Therapie.
Wie sehen diese individualisierten Therapien aus?
Omlin: Für Patienten mit Prostatakrebs, bei denen die Krankheit trotz Hormontherapie weiter fortschreitet, gibt es bei einer BRCA-Genmutation sehr wirksame Medikamente, sogenannte PARP-Inhibitoren. Diese können alleine oder zusammen mit einer zusätzlichen Hormontherapie eingesetzt werden. Wir wissen, dass Prostatakrebs, der durch eine genetische Veranlagung entsteht, oft schlechter auf die üblichen Medikamente anspricht und die Krankheit schneller fortschreiten kann. Die Entwicklung und Zulassung von PARP-Inhibitoren gibt uns daher eine wichtige zusätzliche Behandlungsmöglichkeit für diese Patienten. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs ist eine genetische Testung (Tumorgewebe und Blut) entscheidend, um zielgerichtete Therapien zu ermöglichen und erbliche Krebsrisiken zu erkennen.
Welche Bedeutung hat die BRCA-Genmutation bei Johannes' Sohn für seine Gesundheit und Behandlungsstrategien?
Omlin: Da die Mutation bei Johannes auch in normalen Körperzellen gefunden wurde, besteht eine 50-prozentige Chance, dass sie an seine Kinder und Geschwister vererbt wurde. Die Entdeckung einer BRCA-Genmutation bei Johannes' Sohn ist wichtig, weil sie sein Risiko für bestimmte Krebsarten erhöht. Besonders bei Frauen erhöht diese Mutation das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs stark. Bei Männern steigt das Risiko für Prostatakrebs und in geringerem Masse für Bauchspeicheldrüsen- und Hautkrebs. Wenn, wie im Falle des Sohnes von Johannes, die Mutation nachgewiesen wird, dann wird bei ihm ab dem 40 - 45 Lebensjahr eine regelmässige Prostata-Krebsvorsorge durchgeführt, damit ein möglicher Prostatakrebs frühzeitig entdeckt und behandelt werden kann. Auch erhält er spezifische Vorsorgeempfehlungen, um andere BRCA assoziierte Krebsarten frühzeitig zu erkennen.
CH-10295 / CH-LYN-00306
Datum: 28.10.2024
Das Ziel von AstraZeneca und MSD Merck, Sharp and Dohme ist es, Krebs als Todesursache zu eliminieren. Deswegen konzentrieren wir uns auf die Forschung und Entwicklung von Medikamenten der nächsten Generation, welche das Potenzial haben, die Krebsbehandlung neu zu definieren. Wir wollen noch mehr Krebspatienten Hoffnung auf eine bessere Behandlung mit Hilfe neuer Wirkstoffe geben.