«Never give up!» – mit Sport und Kampf­geist gegen den Krebs

Leben auf dem Rennrad

Michael ist leidenschaftlicher «Gümmeler» durch und durch, allein in diesem Jahr hat er bereits mehrere tausend Kilometer zurückgelegt. Ein Leben ohne Rennrad? Unvorstellbar für den 45-Jährigen. Sein Rad begleitet ihn überall hin – sei es in die Ferien oder durch schwierige Zeiten. «Es ist mein Anker, mein Therapeut und mein Antidepressivum», lacht Michael und ergänzt: «Wenn ich im Sattel bin, vergesse die Bestie, die in mir lebt und fühle mich frei und gesund». Mit der Bestie meint Michael den Krebs, der sich in seinem Körper ausgebreitet hat.

Sportskanone schon als Kind

Schon als Kind war Michael eine Sportskanone: er schwamm im Schwimmclub, spielte in der 3. Fussballliga und entdeckte irgendwann das Velofahren für sich. «Der Sport spielte in meinem Leben schon immer eine wichtige Rolle. Dass er allerdings überlebenswichtig werden würde, hätte ich mir niemals ausgemalt», so Michael. Alles fing mit harmlosen Schmerzen in der Hüfte, im Gesäss und zeitweise in den Hoden an. Nichts, worüber er sich Sorgen gemacht hätte, schliesslich sass er viele Stunden im Sattel und betrieb das Rennradfahren auf Hochleistungsniveau. Dass es da hin und wieder irgendwo zwickt, ist nicht ungewöhnlich.

Michael geht es heute gut

Diagnose: Prostatakarzinom Stadium 4

Michaels Arzt diagnostizierte eine Nebenhodenentzündung, doch die Schmerzen in der Hüfte kamen immer wieder. Was folgte, war ein Röntgenbild – und dieses sah besorgniserregend aus: «Ich hatte dunkle Flecken auf den Hüftknochen und wurde sofort weiter ins CT und MRI geschickt», erinnert er sich. Diagnose: Metastasen in den Hüftknochen, Prostatakrebs Stadium 4. «Ich kann nicht sagen, dass meine Welt zusammengebrochen ist, vielmehr war alles so sureal», sagt Michael. Er sei immer fit gewesen, hätte keine Beschwerden an der Prostata gehabt, spürte keinen Leistungsknick. «Und dann das!» Er habe sich nie nach dem ‹warum ich› gefragt, vielmehr stand für ihn der Kampfgeist im Fokus. «Ich bin mir das Kämpfen vom Sport her gewöhnt und es war für mich klar, dass ich dem Krebs die Stirn bieten werde», so Michael.

Michael unterwegs auf dem Rennrad

«Sport hilft meinem Körper und meiner Psyche»

Mit dieser Einstellung, voller Mut und Zuversicht, ist Michael auch die Chemotherapie angegangen, überzeugt, dass er keine der möglichen Nebenwirkungen haben wird. «Tatsächlich habe ich die Behandlung gut vertragen. Trotz Müdigkeit und Energielosigkeit war ich relativ schnell wieder auf den Beinen». Er motiviert sich täglich dazu, sich zu bewegen – anfangs nur mit kleineren Spaziergängen, irgendwann wagt er sich wieder in den Sattel. «Es war ein überwältigendes Gefühl, wieder auf dem Rennrad zu sitzen, den Wind zu spüren und zu merken, dass es geht. Ich fühlte mich wieder lebendig». Anfänglich macht er nur wenige Kilometer, doch schon bald haben ihn die grossen Touren wieder. «Es tut nicht nur meinem Körper, sondern auch meiner Psyche gut», so Michael. Zugleich helfe ihm die Bewegung gegen die oft belastende Müdigkeit.

Auf Touren mit seinen Velobuddys

Was Michael auch Kraft gibt, sind die gemeinsamen Touren mit seinen Velobuddys. Seit vielen Jahren radelt er im Veloclub Bubendorf mit. «Die Jungs wissen von meiner Erkrankung, aber es wird nicht zum Thema gemacht; einen Sonderbonus habe ich sicher nicht», sagt er. Für sie sei er der Sportler Michi und nicht der krebskranke Michael. Genauso gerne wie er aber mit den Buddys unterwegs ist, zieht er auch alleine los – «Schliesslich hat nicht jeder so viel Zeit wie ich», lacht er.

Michael und seine Velobuddys

Erfolgreiche Chemo, zuversichtlicher Blick in die Zukunft

Seit seiner Diagnose arbeitet der gelernte Gipser nicht mehr, er ist IV-Rentner und geniesst jeden Tag seines Lebens. «Wenn man so eine Diagnose bekommt, realisiert man, wie wertvoll jede Stunde seines Lebens ist. Ich lebe intensiver denn je», erklärt Michael. Die Chemotherapie sei ein voller Erfolg gewesen, der Krebs konnte zurückgedrängt werden. Und doch ist sich Michael bewusst, dass da eine Bestie in seinem Körper lauert, eine tickende Zeitbombe. «Ich versuche, nicht ständig daran zu denken, schliesslich kann ich es ja nicht ändern.» Er schaue zu seiner Ernährung, bewege sich viel und führe ein glückliches Leben gemeinsam mit seiner Ehefrau. «Mehr kann ich nicht tun und alles andere liegt nicht in meiner Hand», sagt Michael mit einer Portion Gelassenheit. Stand jetzt sei, dass es ihm gut gehe und das sei derzeit alles, was zähle.