Darmkrebsbetroffener Ivan hat ein Rektumkarzinom
Darmkrebs
Erfahrungsbericht

Rektum­karzinom: Ein neuer Be­hand­lungs­ansatz schenkt Hoff­nung

Ein Jahr nach der Diagnose «Rektumkarzinom» ist Ivan krebsfrei. Praktisch zeitgleich zu seiner Diagnose wurde eine US-Studie publiziert, die einen neuen Behandlungsansatz für seine Krebsform beschreibt. Für Ivan ändert sich damit alles – zum Positiven.

Ivans  Geschichte 

Ein strahlend blauer Februartag in Zürich, die ersten warmen Sonnenstrahlen, ein Hauch von Frühling liegt in der Luft – passender könnte das Wetter zu Ivans breitem Grinsen nicht sein. «Es gibt Grund zu feiern», begrüsst er mich. «Ich bin krebsfrei!» Vor einem Jahr hätte Ivan sich nicht träumen lassen, einmal diesen Satz zu sagen. Sein Leben war damals geprägt von Terminen, Geschäftsreisen und langen Arbeitstagen. Der 45-jährige Kroate lebt seit fünf Jahren als Expat in Zürich und arbeitet im Marketing eines grossen Bierkonzerns. Stress gehört für ihn zum Alltag, genau wie seine Leidenschaft für schnelle Motorräder.

Als er im Februar 2024 auf einer Geschäftsreise in London Blut im Stuhl entdeckt, denkt er sich zunächst nichts dabei. «Wahrscheinlich Hämorrhoiden. Oder einfach schlechte Ernährung und Stress», sagt er sich. Er hat keine Zeit, sich Sorgen zu machen – zu viel Arbeit und zu viele andere Dinge hat er im Kopf. Doch dann, drei Monate später, eskaliert die Situation. Während einer Woche Urlaub in Kroatien bekommt er starke Bauchkrämpfe und heftige Blutungen. «In dem Moment wusste ich: Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht», erinnert sich Ivan.

«Am Montag dachte ich noch, ich sei gesund. Am Freitag war ich ein Krebspatient. Es war alles so surreal»

Ivan

«Das Gesicht des Arztes sprach Bände»

Zurück in der Schweiz geht er zur Hausärztin. Sie schickt ihn umgehend zum Spezialisten. «Ich lag auf dem Untersuchungsstuhl und sah das Gesicht des Arztes – da wusste ich: das ist nichts Gutes. Sein Blick sprach Bände», erinnert sich Ivan. Die Darmspiegelung am nächsten Tag bestätigt die schlimmsten Befürchtungen: Ein Tumor, sieben Zentimeter gross, Rektumkarzinom.

«Am Montag dachte ich noch, ich sei gesund. Am Freitag war ich ein Krebspatient. Es war alles so surreal, es war ein Drama für mich», erzählt Ivan. Zugleich geht er die Sache pragmatisch an, nach dem Motto «Da ist ein Problem und das muss nun gelöst werden». Unterstützung hat er in dieser Zeit vor allem von seinem Bruder, der aus Kroatien anreist. 

Ivan ist Betroffen von Rektumkrebs

Hoffnung dank Studie

Ivan schenkt seinen Ärzten vollstes Vertrauen, insbesondere seinem Chirurgen Prof. Paul Magnus Schneider und seinem Onkologen Dr. Alexander Siebenhüner in der Klinik Hirslanden Zürich. Dr. Siebenhüner wird für ihn zur zentralen Vertrauensperson auf seinem bevorstehenden Weg.

Innerhalb weniger Tage wird eine Biopsie aus dem Tumor entnommen, und die Therapieoptionen stehen fest. Ursprünglich sollte er eine klassische Behandlung aus Chemotherapie, Operation und Bestrahlung erhalten. Doch dann ändert eine aktuelle US-Studie alles: Sie zeigt, dass eine Immuntherapie bei Patienten mit seiner Krebsart aussergewöhnlich gute Ergebnisse erzielt. «Es war für mich Glück im Unglück, dass der Krebs nicht drei Monate früher entdeckt wurde», sagt Ivan. Denn so konnte er von der neuen Therapie profitieren. Die Studienergebnisse geben ihm Hoffnung: Alle Teilnehmenden waren auch drei Jahre nach der Behandlung noch krebsfrei.

Zwei Wochen nach der Diagnose beginnt die Behandlung. Alle drei Wochen eine Infusion – sechs Monate lang. Die Tage nach der ersten Dosis zehren an Ivan; er hat hohes Fieber und ist erschöpft. Doch dann erholt er sich schnell, Nebenwirkungen hat er kaum noch und schon bald kehrt er wieder in seinen Alltag zurück. «Ich liess mich für zwei Monate krankschreiben, aber schon nach zwei Wochen war ich wieder mit einem reduzierten Pensum zurück. Was sollte ich auch den ganzen Tag zu Hause machen?», lacht Ivan.

«Viele denken sofort: ‹Oh, you will die›. Aber das entspricht längst nicht mehr der Realität.»

Ivan

Keine Blumen, kein Mitleid

Seine Arbeitskolleg*innen wissen Bescheid. Schon kurz nach der Diagnose spricht er offen über seinen Krebs – mit einer klaren Botschaft: Er will weder Mitleid noch Blumen. Denn was ihn an dieser ganzen «Krebssache», wie er es nennt, besonders belastet, ist sein Umfeld. «Krebs hat ein Stigma. Sobald ich jemandem davon erzählt habe, sah ich diesen Blick – Mitleid, Angst, Betroffenheit. Viele denken sofort: ‘Oh, you will die’. Aber das entspricht längst nicht mehr der Realität.»

Um nicht ständig mit dieser Reaktion konfrontiert zu werden, beschliesst Ivan, nur einem kleinen Kreis von Menschen von seiner Erkrankung zu erzählen. «Ich wollte nicht, dass mich alle als 'den Krebspatienten' sehen. Ich wollte, dass mein Leben so normal wie möglich bleibt.» Er arbeitet weiter, fährt Motorrad, macht Sport, trifft Freunde. Die Krankheit ist zwar da, aber sie bestimmt ihn nicht.

Im November zeigt das erste Kontroll-CT: Der Tumor schrumpft, die Therapie wirkt. Weitere zwei Monate später bekommt er die letzte Dosis Immuntherapie, es folgt eine Rektoskopie. Und schon die zeigt: Der einst sieben Zentimeter grosse Tumor ist verschwunden. Das CT im Februar bestätigt, dass kein Krebs mehr in Ivans Körper sichtbar ist.

 

Glück im Unglück

Ein Jahr nach seiner Diagnose verspürt Ivan nicht nur Erleichterung, sondern auch Dankbarkeit. «Ich hatte wirklich Glück, dass ich mit meiner Diagnose zur richtigen Zeit am richtigen Ort war – in einem Land mit exzellentem Gesundheitssystem, in den Händen erfahrener Ärzte und mit einer Studie, die genau im richtigen Moment kam.»

Text: Anna Birkenmeier
Datum: 18.08.2025