Betroffener eines Sarkoms
Sarkome
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Sarkome: Seltene, aber aggressive Tumoren in Weichteilen und Knochen

Sarkome zählen zu den seltenen und komplexen Krebserkrankungen, die an verschiedensten Körperregionen auftreten können. Aufgrund ihres oft unspezifischen Wachstums werden sie häufig erst in späteren Stadien diagnostiziert und erfordern eine spezialisierte Behandlung.

Prof. Andreas Krieg und Dr. Alexander Wilhelm erläutern die Besonderheiten dieser Tumorart und geben Einblicke in Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Sarkome sind seltene bösartige Tumoren, die aus den Zellen des Binde-, Stütz-, Fett- oder Muskelgewebes entstehen. Sie können sowohl Weichteile als auch Knochen betreffen. «Die bösartigen Erkrankungen können an jeder Stelle des Körpers auftreten, wachsen je nach Malignität unterschiedlich schnell und umfassen eine Vielzahl verschiedener Untertypen», erklärt Prof. Andreas Krieg, Leitender Arzt auf der Orthopädie und Co-Leiter des Knochen- und Weichteiltumorzentrums der Universität Basel ( = KWUB – Sarkomzentrum ).

Experten für Sarkome

Jährlich erkranken in der Schweiz rund 300 Menschen an einem primären Sarkom, wobei sowohl Kinder als auch Erwachsene betroffen sind. Bei Kindern treten häufiger Knochensarkome auf, während bei Erwachsenen Weichteilsarkome dominieren. Die genauen Ursachen für die Entstehung von Sarkomen sind oft unklar. «Es gibt genetische Veranlagungen und Erkrankungsmuster wie etwa das Li-Fraumeni-Syndrom, die das Risiko erhöhen. Zudem können äussere Einflüsse wie Strahlentherapie in seltenen Fällen sekundäre Sarkome auslösen», weiss Prof. Krieg. Manchmal entstehen Sarkome auch erst viele Jahre nach der Bestrahlung einer Körperstelle. Dennoch bleibt die Entstehung oft zufällig und ohne erkennbare Ursachen.

 

Herausforderungen und Behandlungskonzepte

Die Diagnose von Sarkomen ist eine besondere Herausforderung. «Es gibt selten Symptome. Häufig spüren Betroffene einen Knoten, der ihnen verdächtig erscheint», beschreibt Dr. Wilhelm, Oberarzt auf der Viszeralchirurgie und Zentrumskoordinator am Sarkomzentrum der Universität Basel. Dabei seien klare Faustregeln hilfreich: «Ein schnell wachsender oder symptomatischer Knoten grösser als fünf Zentimeter, gegebenenfalls mit Hauteinziehungen oder in der Tiefe gelegen , sollte immer abgeklärt werden.»

Die Behandlung von Sarkomen erfordert eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen. Prof. Krieg erklärt: «Wir behandeln Sarkome in einem interdisziplinären Team aus Chirurg*innen, Onkolog*innen, Radiolog*innen , Orthopäd*innen und weiteren Spezialist*innen. Aufgrund der Komplexität der Erkrankung ist die Expertise unterschiedlicher Fachrichtungen notwendig, um massgeschneiderte Therapiepläne zu entwickeln und die bestmögliche Versorgung für Patient*innen aller Altersgruppen zu gewährleisten.» Das Sarkomzentrum in Basel ist das einzige Zentrum in der Schweiz mit einer offiziellen Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft für diese Form von interdisziplinärer Zusammenarbeit.

Sarkome erkennen und behandeln

Ein Tumorboard, in dem alle Spezialisten gemeinsam Entscheidungen treffen, ist essenziell. «Jeder Fall wird individuell besprochen und auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse abgestimmt», so Dr. Wilhelm.

Es gibt über 100 verschiedene Arten von Sarkomen. Die Therapie hängt von der Art und dem Fortschritt der Erkrankung ab. Bei Knochensarkomen erfolgt häufig eine Kombination aus Chemotherapie und Operation, wobei bei der OP der Tumor mit einer Sicherheitsgrenze im gesunden Gewebe entfernt wird. Bei Weichteilsarkomen kommt oft eine Strahlentherapie zum Einsatz, entweder vor oder nach der Operation. In manchen Fällen kann auch eine Chemotherapie zusätzlich empfohlen sein. Ziel ist es, den Tumor vollständig zu entfernen und gleichzeitig Rückfälle (Rezidive) zu verhindern.

 

Fortschritte und Prognose

Dank moderner Behandlungsmethoden haben sich die Überlebenschancen von Sarkombetroffenen in den letzten Jahrzehnten verbessert. Bei Knochensarkomen liegen die Fünf-Jahres-Überlebensraten gemäss Prof. Krieg im Durchschnitt bei 70 bis 80 Prozent. Ähnliche Werte, ca. 60 – 70 %, gelten für Weichteilsarkome. Die Überlebensrate hängt von verschiedenen Faktoren wie Tumorstadium bei Diagnosestellung, Lokalisation des Tumors, Subtyp, Alter der Patient*in und Ansprechen auf eine Therapie ab.

Sarkome sind Krebsarten die aggressiv aber selten sind

Im Gegensatz zu anderen Krebsarten gestaltet sich die Nachsorge bei Sarkomen aufgrund der teilweise langsamen Wachstumsrate und Seltenheit etwas anders. Ähnlich wie bei vielen Krebsarten erfolgt zu Beginn eine engmaschige Nachsorge, welche sich bei manchen Sarkomen länger fortsetzt. «Auch nach fünf Jahren kann es noch zu Rezidiven oder Metastasen kommen, weshalb wir in bestimmten Fällen und für bestimmte Subtypen die Nachsorge über diesen Zeitraum hinaus fortführen», erklärt Dr. Wilhelm.

Innovative Ansätze wie zielgerichtete Therapien und Immuntherapien machen Hoffnung. Zudem wurden mit dem Nationalen Sarkom-Register in der Schweiz neue Grundlagen für die Forschung geschaffen. «Dieses Register ermöglicht es uns, Daten zu sammeln und die Behandlung langfristig zu verbessern», sagt Prof. Krieg. Die Zusammenarbeit mit internationalen Zentren trägt ebenfalls zur Weiterentwicklung bei.

«Die frühzeitige Diagnose ist der Schlüssel zu besseren Heilungschancen»

Prof. Krieg

Eine Botschaft an Sarkombetroffene

Für Betroffene ist es wichtig, sich an Fachzentren zu wenden. Nur in spezialisierten Zentren, die interdisziplinäre Ansätze und modernste Technologie kombinieren, lässt sich die Komplexität der Erkrankung optimal berücksichtigen und die Heilungschancen für Betroffene verbessern. «Unsere Patient*innen profitieren von einem ganzheitlichen Ansatz, der auch Physiotherapie, Sozialarbeit und Psychoonkologie umfasst», so Dr. Wilhelm.

Abschliessend appellieren die Experten an Betroffene und Ärzt*innen gleichermassen, aufmerksam zu sein und Verdachtsfälle frühzeitig abzuklären. «Die frühzeitige Diagnose ist der Schlüssel zu besseren Heilungschancen», fasst Prof. Krieg zusammen.

Catherina Bernaschina
Datum: 17.04.2025