
Von HER2 negativ zu HER2 ultra low: Neue Therapieoptionen bei Brustkrebs

HER2 beeinflusst das Wachstum von Brustkrebs und entscheidet darüber, welche Therapien wirksam sind. Früher wurde HER2 nur in zwei Gruppen eingeteilt: HER2-positiv und HER2-negativ. Heute wissen wir, dass HER2 ein kontinuierliches Spektrum ist.
Der HER2-negative Bereich lässt sich in Untergruppen wie «HER2 low» und «HER2 ultra low» unterteilen, die neue Möglichkeiten zur Behandlung eröffnen.
Was bedeutet HER2 bei Brustkrebs und wie sieht das HER2-Spektrum heute aus?
Prof. Jens Huober: HER2 positiver Brustkrebs beschreibt Tumorzellen, die eine erhöhte Anzahl des Proteins HER2 (Human Epidermal Growth Factor Receptor 2) an ihrer Zelloberfläche aufweisen. Diese HER2-Rezeptoren, wenn sie aktiviert werden, leiten Wachstumssignale an die Zelle und können zu unkontrolliertem Wachstum führen. Etwa 15% aller Brustkrebsfälle gehören zu dieser Kategorie und werden mit gezielten Therapien behandelt, die diese Rezeptoren blockieren und das Wachstum der Tumorzellen regulieren. Man unterscheidet zwischen HER2 positiven Tumoren, bei denen viele Rezeptoren bestehen, HER2 low Tumoren, bei denen wenige Rezeptoren nachweisbar sind und HER2 negativen Tumoren, bei denen überhaupt keine HER2-Rezeptoren zu sehen sind.
Was bedeutet «HER2 ultra low» und wo im HER2-Spektrum wird diese Kategorie eingeordnet?
Huober: «HER2 ultra low» bezeichnet eine sehr geringe, jedoch nachweisbare Ausprägung von HER2-Rezeptoren auf der Oberfläche von Tumorzellen. Diese Untergruppe wird unterhalb von HER2 low klassifiziert. Die Einordnung ist von Bedeutung, da sie darauf hindeutet, dass HER2-gerichtete Therapien, wie beispielsweise sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) potenziell auch bei Tumoren mit äusserst niedriger Expression von HER2 wirksam sein könnten – einem Bereich, der bislang als HER2 negativ eingestuft wurde.
Was ist ein ADC?
Huober: Beim ADC wird eine Chemotherapie mit einem spezifischen Antikörper gekoppelt, der den Wirkstoff zielgenau zur Krebszelle transportiert
Wie wird festgestellt, ob ein Tumor HER2 ultra low ist? Welche Tests sind dafür notwendig?
Huober: Das HER2-Protein wird mit speziellen Färbemethoden (Immunhistochemie, IHC) auf den Tumorzellen nachgewiesen. Färbt überhaupt keine Zelle für das HER2-Protein an ist das ein negativer Befund, wenn wenig Zellen anfärben ist das HER2 low. Ultra low ist ein Begriff, den es bisher so nicht gab und beschreibt eine Anfärbung von nur wenigen Zellen für HER2. Allerdings wurde der HER2-Test nicht für diesen Nachweis entwickelt und muss mit Vorsicht betrachtet werden.

Können sich Testergebnisse im Laufe der Erkrankung ändern?
Huober: Die Ergebnisse können sich in der Tat verändern. Dies bedeutet, dass beispielsweise die Hormonrezeptoren negativ, aber auch der HER2 Rezeptor im Krankheitsverlauf negativ oder positiv werden können.
Sollten sich Patientinnen erneut testen lassen, die vorher als HER2 negativ galten?
Huober: Eine erneute Testung kann für Patientinnen, die anfangs als HER2 negativ eingestuft wurden, sinnvoll sein, da inzwischen die Kategorie HER2 low mit geringer HER2-Ausprägung definiert wurde. In diesen Fällen könnten neue Therapien zur Verfügung stehen. Besonders bei fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung wird empfohlen, HER2 erneut zu überprüfen, um gegebenenfalls eine zielgerichtete Therapie in Betracht zu ziehen.
Wird bei einer neu aufgetretenen Metastasierung immer das HER2 nochmals bestimmt?
Huober: Zumeist wird das geprüft. Allerdings muss dafür Gewebe gewonnen werden. Ausnahmen gibt es, wenn die Gewebeentnahme wegen zu erwartender Komplikationen zu riskant ist. Dann wird auf die erneute Bestimmung verzichtet.

Was bedeutet die Einstufung HER2 ultra low für die Therapie?
Huober: Diese Einstufung kann die Therapie beeinflussen, da sie den Einsatz einer neuen Behandlungsoption eröffnet. Diese führt zu zusätzlichen Therapiemöglichkeit bei Patientinnen, deren Tumoren früher als HER2 negativ eingestuft wurden.
Wie beurteilen Sie die derzeitige und künftige Entwicklung bei der Behandlung von Brustkrebs?
Huober: Bei HER2 positiven Tumoren stehen mittlerweile zahlreiche neue Substanzen zur Verfügung. Aber auch bei anderen Brustkrebsarten werden zunehmend neue Medikamente eingesetzt, die in verschiedenen Situationen angewendet werden können. Das Spektrum der verfügbaren Therapieoptionen hat sich in letzter Zeit erheblich erweitert, was zu einem breiteren Behandlungsspektrum führt. Die Entscheidung über den sinnvollen Einsatz dieser Therapien und deren Reihenfolge stellt eine bedeutende Herausforderung für die kommenden Jahre dar. Durch die Vielzahl neuer Medikamente haben sich die therapeutischen Möglichkeiten deutlich vergrössert. Diese Entwicklung ist für die Patientinnen von grossem Nutzen.
Datum: 09.10.2025

Daiichi Sankyo und AstraZeneca kooperieren auf globaler Ebene im Kampf gegen Krebs. Die Zusammenarbeit verbindet die wissenschaftliche und technologische Exzellenz von Daiichi Sankyo mit der globalen Erfahrung und den Ressourcen von AstraZeneca in der Onkologie, um das Potenzial von innovativen Antikörper-Wirkstoff Konjugaten als Therapien gegen ein Spektrum von Krebsarten zu beschleunigen und zu erweitern.