Diffus grosszelliges B-Zell-Lymphom Erfahrungsbericht
Blutkrebs
Erfahrungsbericht

«Krebs ist nur ein Wort» – Beats Weg mit der Diagnose Lymphom

Ein harmloser Infekt, so schien es – und dann die Diagnose: Diffuses grosszelliges B-Zell-Lymphom. Beat erlebte eine medizinische Achterbahnfahrt mit Rückschlägen, Hoffnung und neuer Perspektive. Heute blickt er gelassener auf das Leben – und sagt: «Krebs ist nur ein Wort.».

Beats  Geschichte

Alles begann Anfang 2024 mit einem hartnäckigen Infekt. Nichts Dramatisches, dachte Beat zunächst. Doch die geschwollenen Lymphknoten an seinem Hals wurden nicht kleiner – im Gegenteil. Schlucken wurde zunehmend zur Qual und irgendwie hatte Beat im Gespür, dass es mehr sein musste als ein harmloser Infekt. «Tief in mir wusste ich, dass etwas nicht stimmte», erzählt er.

Die HNO-Ärzte sahen das anders, es sei «nur eine harmlose Erkältung, die geschwollenen Lymphknoten ganz normal», hiess es immer wieder. «Ich fühlte mich nicht ernst genommen und durchlief eine wahre Ärzte-Odysee». Beat liess nicht locker und fand endlich einen Arzt, der ihn mit seinen Symptomen ernst nahm und entsprechende Untersuchungen veranlasste.

 

Keine Zeit für Antworten

Es war spät am Abend, als Beat gemeinsam mit seiner Frau im Behandlungszimmer des HNO-Arztes sass. Der lange Operationstag steckte dem Arzt sichtlich in den Knochen – seine Erschöpfung war spürbar. Dann kam der Satz, der Beats Welt stillstehen liess: «Sie haben ein diffuses grosszelliges B-Zell-Lymphom. Eine aggressive Form von Lymphdrüsenkrebs.»

Kurz vor meinem 60. Geburtstag. Ein ganzes Leben gearbeitet, viele Träume noch offen – und dann dieses Wort: Krebs. Ein Wort, das sofort mit Schmerz, Leiden und Tod verknüpft wird. Es war ein furchtbarer Moment», erinnert sich Beat.

Diffus grosszelliges B-Zell-Lymphom Erfahrungsbericht

Tausend Fragen drängten sich ihm auf – doch der Arzt hatte kaum Zeit für Antworten. Es folgte ein Strudel aus Terminen, Untersuchungen, Informationsflut – und innerer Leere. Zwar fand sich rasch ein Onkologe, doch der Schock sass tief. Erst durch die Gespräche mit seiner Familie und deren Unterstützung fand Beat allmählich wieder Orientierung.

Eine weitere wichtige Stütze: Wissen. «Ich habe viel nachgefragt, mich intensiv informiert, medizinische Fachbegriffe gelernt – das ermöglicht eine Begegnung mit den Ärztinnen und Ärzten auf Augenhöhe.» Er las internationale Leitlinien, wollte verstehen, mitreden, mitentscheiden. Wertvolle Informationen findet er auch bei lymphome.ch, der Patientenorganisation für Lymphombetroffene (www.lymphome.ch). Und für ihn war bald klar: «Jetzt gebe ich 100 Prozent. Ich tue alles, damit ich wieder gesund werde.»

 

Hoffnung, Behandlung, Rückschlag

Ein erster Schritt auf diesem Weg: Die Behandlung mit einer R-CHOP FLYER-Therapie – vier Zyklen Chemotherapie, ergänzt durch zwei Antikörper-Infusionen. Die Wirkung war beeindruckend: «Die Lymphknoten-Schwellungen schmolzen nur so dahin», erinnert sich Beat. Die Nebenwirkungen waren spürbar, aber für ihn verkraftbar. Vor allem die tiefe Erschöpfung, Schmerzen und die wiederkehrende Polyneuropathie machten ihm zu schaffen. Gleichzeitig war da endlich das Gefühl, gut betreut zu sein – im Ambulatorium, das direkt an die HNO-Praxis angeschlossen war.

Doch die Hoffnung währte nicht lange. Nach dem ersten Aufatmen kam der Rückschlag – ein Rezidiv. Im Januar 2025 begann eine neue, herausfordernde Etappe: die CAR-T-Zell-Therapie. «Eine ganz andere Liga», beschreibt Beat die komplexe Behandlung. Zunächst wurden T-Zellen aus seinem Blut isoliert – ein Prozess namens Apherese, bei dem das Blut gefiltert und die benötigten Immunzellen entnommen wurden. Danach hiess es warten: Wochen vergingen, bis die genetisch veränderten T-Zellen bereit waren, um sie zurück in den Körper zu übertragen.

Der stationäre Aufenthalt zur engmaschigen Überwachung war kräftezehrend. Beat hatte Glück – das gefürchtete Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) trat nur am Rande auf. Beim CRS handelt es sich um eine Immunreaktion, bei der das Immunsystem grosse Mengen an Entzündungsbotenstoffen freisetzt, was zu schwerwiegenden Symptomen führen kann.

Doch nach der Entlassung machten sich andere Nebenwirkungen bemerkbar: Plötzlich traten Sprachstörungen und Zittern der Hände auf – ein Zeichen für eine mögliche Neurotoxizität. Er musste erneut für vier Tage ins Spital. «Das hat mich ziemlich beunruhigt», sagt er. «Zum Glück hat sich alles von selbst wieder zurückgebildet.»

«Meine Familie und ich haben uns gemeinsam mit der Situation beschäftigt – das hat mir sehr geholfen.»

Beat

Stärke durch Nähe und Ruhe

Was Beat durch die schwere Zeit trug, war vor allem die Nähe zu seiner Familie. «Meine Frau war bei jedem Termin an meiner Seite. Sie hat mich gestützt, hat zugehört, war einfach da», sagt er. Auch seine beiden Töchter waren präsent, jede auf ihre eigene Weise. Sie mussten sich erst daran gewöhnen, dass diese heimtückische Krankheit plötzlich Teil ihres Alltags geworden war.

Beat verbrachte viel Zeit mit Schlafen, Spazieren, Lesen – und damit, sich mit seiner Krankheit auseinanderzusetzen. «Meine Familie und ich haben uns gemeinsam mit der Situation beschäftigt – das hat mir sehr geholfen», sagt er rückblickend. Der leise, oft wortlose Zusammenhalt in seiner Familie gab ihm Kraft. Die Krankheit war zwar da, aber sie bestimmte nicht alles. Was wirklich zählte, war geblieben: Nähe, Vertrauen und die Gewissheit, nicht allein zu sein.

 

Ein neues Lebensgefühl

Heute arbeitet Beat wieder Teilzeit, geniesst die Natur und ist dankbar für jeden Tag. «Ich bin ruhiger geworden, nehme vieles gelassener.» Die Krankheit habe ihn verändert – im Positiven, wie Beat sagt. «Ich habe gelernt, loszulassen und besser auf mich zu achten.» Sein Rat an andere Betroffene? «Recherchieren. Fragen stellen. Einen guten Spezialisten suchen – und vor allem: optimistisch bleiben. Krebs ist nur ein Wort.»

Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 24.04.2025