Die Therapiewahl hängt nicht nur von der Art des Lungenkrebses ab, sondern auch vom Stadium, in welchem sich dieser befindet. Prof. Miklos Pless vom Kantonsspital Winterthur gibt im Videointerview Auskunft zu den Behandlungsmöglichkeiten.
Es wird unterschieden zwischen kleinzelligem Lungenkarzinom und nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom. Der kleinzellige Lungenkrebs tritt bei 15% der Betroffenen auf. Diese Form von Lungenkrebs ist äusserst aggressiv und weist ein sehr schnelles Tumorwachstum auf. Daher wird beim kleinzelligen Lungenkrebs nicht operiert, sondern mit einer Chemotherapie sowie im frühen Stadium zusätzlich mit Bestrahlung behandelt.
85% der Patienten haben einen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Bei diesem ist das Tumorstadium für die Wahl der Behandlung entscheidend.
Lungenkrebs wird in vier Stadien unterteilt. Ausschlaggebend ist dabei die Ausbreitung des Tumors und ob dieser bereits Metastasen gebildet hat.
Stadium 1: Tumor nur in der Lunge
Behandlung: Eine Operation ist die Behandlung der Wahl. Ist dies nicht möglich, wird mit einer gezielten Bestrahlung behandelt.
Stadium 2: Tumor in der Lunge und Befall der Lymphknoten in der Nähe des Tumors
Behandlung: Auch hier ist eine Operation die erste Wahl, gefolgt von einer Chemotherapie
Stadium 3: Lymphknoten zwischen den Lungenflügeln sind befallen
Behandlung: Entweder nur eine Operation mit darauffolgender Chemotherapie oder eine Chemotherapie kombiniert mit einer Bestrahlung.
Bis zum Stadium 3 ist generell eine Heilung möglich.
Stadium 4: Metastasen wurden über die Blutwege gestreut
In diesem fortgeschrittenen Stadium ist in der Regel keine Heilung mehr möglich. Neue Systembehandlungen erzielen aber gute Resultate.
Vor der Operation werden die Lungenfunktion sowie das Herz des Patienten geprüft. Wird mit der sogenannten «Knopflochmethode» operiert, macht der Chirurg drei kleine Schnitte unterhalb der Rippen. Anschliessend wird eine Kamera eingeführt, um den Tumor zu finden und das betroffene Stück Lunge zu entfernen. Innerhalb von wenigen Tagen nach der Operation hat sich der Patient davon erholt.
Wenn diese Methode nicht möglich ist, muss eine grössere Öffnung gemacht werden und die Lunge unter direkter Sicht operiert werden. Diese Operation ist schwerwiegender und der Patient muss länger im Spital bleiben.
Knoflochmethode
Ein kleiner Tumor wird sehr gezielt mit hoher Dosis bestrahlt. Diese sogenannte stereotaktische Bestrahlung vernichtet den Tumor und hat meist nur wenige Nebenwirkungen.
Grössere Tumore können nicht mit dieser hohen Dosis bestrahlt werden. In diesem Fall wird die Bestrahlung oft mit einer Chemotherapie kombiniert, was grössere Nebenwirkungen mit sich bringt.
Für 3 Monate wird in 4 Zyklen eine Chemotherapie durchgeführt. Diese Zeit ist wegen der Nebenwirkungen sehr anstrengend für die Patienten. Nach einiger Zeit gehen die Nebenwirkungen vorüber.
Auch hier wird eine ähnliche Chemotherapie verabreicht, jedoch ambulant, was bedeutet, dass der Patient nicht im Spital übernachten muss. Die Nebenwirkungen sind milder, da die Lebensqualität im Vordergrund steht.
Zielgerichtete Tumortherapien wirken gezielt auf eine Veränderung im Tumor, eine sogenannte Mutation und vernichtet diese. 10-15% aller Patienten haben eine solche Veränderung. Häufig tritt sie bei Patienten auf, die nie geraucht haben oder auch bei jüngeren Patienten. Die Therapien werden meist in Tablettenform verabreicht. Wenn der Tumor anspricht, was bei ca. 75% der Betroffenen der Fall ist, wird die Lebensqualität sofort besser. Eine Heilung ist leider nicht möglich, da sich nach einiger Zeit Resistenzmutationen bilden.
Das Immunsystem beseitigt alles «Fremde». Da Tumore vom Körper selbst kommen, werden diese meist vom Immunsystem übersehen. Jahrelanges Rauchen verändert die Zellen leicht, so dass diese als «halb-fremd» gelten. Die Immuntherapie löst sozusagen die Bremsen des Immunsystems, so dass dieses nicht nur «fremd», sondern auch «halb-fremd» erkennt und angreift.
Auf Basis von Studien wurden Therapierichtlinien erstellt. In einem Tumorboard wird jeder individuelle Patient diskutiert und geprüft, ob die Anwendung der Richtlinien sinnvoll ist oder ob es Gründe gibt, von diesen abzuweichen. Auch die Eigenschaften des Patienten wie Alter und Fitness werden berücksichtigt und es wird ein individueller Therapievorschlag gemacht. Der Therapieentscheid liegt letzten Endes beim Patienten.